Guinness, Kerrygold, Jameson, Wild Atlantic Way: Die Namen dieser irischen Marken lösen bei vielen Menschen warme Gefühle, Fernweh oder Wohlbehagen aus. Und Ryanair? Die Marke, die uns Kontinental-Europäern den preiswerten Weg ebnet in die kuschelig-grüne irische Erlebniswelt? Ryanair schont unsere Geldbeutel, aber geliebt wird sie dafür nicht. Ryanair, die erfolgreichste Fluggesellschaft der Gegenwart, die große irische Erfolgs-Story, die gerade mit einigen Turbulenzen zu kämpfen hat, polarisiert – vor allem im nicht-irischen Ausland.

Ryanair ist die Ikone des neuen Irlands. Erfolgreich, kalt, rücksichtslos, knallhart berechnend und berechnet bis auf den letzten Millimeter, hoch profitabel. Ryanair ist das Flaggschiff des modernen neoliberalen Irlands. Und Michael O´Leary, der schrille, rücksichtlose, pöbelige Ryanair-Chef, ist das Gesicht des irischen Neo-Liberalismus: Anyhting goes, wenn O`Leary dies will. 1,3 Milliarden Euro Gewinn im letzten Geschäftsjahr, Rekord-Passagierzahlen, ständig steigende Marktanteile an Europas Himmel.

Ryanair-Kunden sind nichts als Kreditkarten-Besitzer. Sie werden behandelt wie Schafe – und wir wissen es. Dafür bekommen wir meistens einen guten, oft einen sehr guten Preis für den Flug von A nach B oder von K nach H. Wir lassen uns sparend korrumpieren – und oft gibt es tatsächlich (außer dem Verzicht) keine Alternative. Weil die Konkurrenz auf vielen Strecken fehlt, weil das Geld für das gute Gewissen fehlt.

Die Eigentümer, die Aktionäre, das Top-Management und die Kunden profitieren vom ausbeuterischen System Ryanair. Doch wer zahlt die Zeche? Wir alle, weil wir die ökologischen Kosten tragen müssen. Auch viele Ryanair-Partner – und natürlich die Angestellten des Billigfliegers. FlugbegleiterIn: Der einstige Traumjob junger Leute ist zum Alptraum geworden. Ryanair-Flugbegleiter werden von ihrem Unternehmen nach den Regeln des Frühkapitalismus ausgebeutet. Sie verdienen schlecht, sie haben schlechte Arbeitsbedingungen und schlechte Arbeitsverträge. Das Einkommen reicht vielen Crew-Mitgliedern nicht zum Überleben. Sie müssen in einem zweiten Job dazu verdienen.

Auch die 700 Beschäftigten mit Standort in Deutschland erhalten offensichtlich Arbeitsverträge nach irischem Recht. Das bedeutet nach Recherchen des ZDF-Polit-Magazins Frontal 21 neben den schlechten Gehältern (“1000 Euro netto”) vor allem schlechten Kündigungssschutz, lange Probezeiten, Zwangsurlaub.

Der Linken-Politiker Klaus Ernst sagte gestern abend im ZDF: “Es gibt Ausbeutungsverträge, dann gibt es schlimmere Ausbeutungsverträge und dann kommen die Verträge von Ryanair. Ich habe noch nie so einen Vertrag gesehen, der die Rechte der abhängig Beschäftigten in einer Weise missachtet, dass man wirklich von brutaler Ausbeutung reden kann”. Ein Flugbegleiter beschreibt seine Rolle bei Ryanair so: “Wir sind die neuen modernen Sklaven“.

All dies können wir bedenken, bevor wir das nächste Mal in den Ryanair-Flieger steigen. Der Frontal 21-Beitrag kann hier in der ZDF-Mediathek angeschaut werden: klick

 

PS: Aufgrund der aktuellen Probleme (Flugstornierungen im großen Stil, Unpünktlichkeit, Personalmangel), die ein zu schnelles Wachstum verursachte, hat Ryanair die Einführung der neuen umsatzsteigernden Handgepäck-Richtlinien zu Lasten der Kunden zunächst auf Mitte Januar verschoben.