Unterwegs im Gleninchaquin am Steinkreis von Uragh in Irland. Dass die Zocker von der Wall Street gerade wieder Milliarden verbrennen, dass Facebook, das größte Täuschungsmanöver der neueren Wirtschaftsgeschichte, endlich entzaubert wird: All dies ist dort hinten in den Bergen von Nord-Beara nicht bedeutend und wird mit Nichtbeachtung gestraft. Hier wird noch bar bezahlt. Hier kennt man sich persönlich, und die eigene Biografie wird allenfalls Stück für Stück in Erzählungen preisgegeben.

Heute fragt Patrick die Besucher gerne nach seinem Alter — und freut sich, wenn sie ihn für jünger halten, als er ist. Das Thema Lebenszeit beschließt er mit einer Frage ans Gegenüber: „Denkst Du, in mir steckt noch ein Jahr?“ Man wünscht ihm viele, viele mehr.
Patrick Leary ist im Gleninchaquin geboren, oben am Berg steht sein altes Farmhaus, dort , wo Lord Lansdowne einst mit seinem idyllischen Berg-und Tal-Idyll angegeben hat. Patrick hat an den Ufern der Seen die Schafe gehütet, heute lebt er im nahen Eyeries, ein Kerryman in West Cork, und fährt regelmäßig zur alten Familienfarm, um dort „a few Bob“, ein paar Euro zu verdienen. Touristen, die den Uragh-Steinkreis zwischen den Seen sehen wollen, knöpft der alte Mann zwei Euro ab – schließlich hat er einen schönen Weg zu den alten Steinen gebaut und unterhält die Straße. Schließlich gibt es in der Umgebung noch mehr alte Steine und viel beeindruckende Landschaft zu sehen. Aufgrund der Seen und der vielen Fichten wähnt man sich hier draußen in Kanada. Gleninchaquin und Clonee Lakes sind das Kanada Irlands.
Dieser Vergleich kommt in Patricks Geschichten nicht vor. Die drehen sich um vertrackte Familienverhältnisse, um die Höhen und Tiefen des Zusammenlebens. Patrick erzählt gerne ein paar Geschichten, wenn er – die Line Extension seines Steinkreis-Geschäfts – den Besuchern Postkarten für ein Euro das Stück verkauft. Etwa diese: Der Mann lebt mit seiner Frau und der Schwiegermutter zusammen auf dem Hof. Das Verhältnis zur Schwiegermutter ist chronisch angespannt bis gereizt. Eines Tages muss der Mann mit der alten Dame in die Stadt fahren. Er spannt das Pferd vor den Karren und los geht es. Nach längerer Fahrt auf der Landstraße stellt sich ein Esel quer über die Straße und blockiert den Karren. Die Schwiegermutter, boshaft wie immer, keift in Richtung Schwiegersohn: „Bist Du mit dem verwandt?“ . Ohne aufzusehen antwortet der Mann lakonisch: „Der ist angeheiratet“.

Foto Mitte: Antje Wendel; Foto oben: Der Uragh-Steinkreis. Foto 2012: Markus Bäuchle

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