Irischer Strand

Woran erkennt man einen irischen Strand? Die Frage ist witzig gemeint und hat einen ernsten Hintergrund. Antwort: An den Autos. Bald nachdem das Auto und lange bevor das Wort erfunden war, praktizierten die Irinnen und Iren schon den barrierefreien Zugang zu den Stränden. Sie fahren traditionell mit dem Auto, mit Baby und Kleinkind, der gehbehinderten Oma und dem übergewichtigen Onkel, mit Stühlen, Grill und Autokühlschrank so nah wie möglich ans Wasser.

Blechkisten auf Sand: Was manchen Naturromantikern die Laune verdirbt, feiern fußfaule Strandfahrer als soziale Errungenschaft. Inklusion heißt das Zauberwort. Jeder Mensch mit jedwedem Körper darf den Strand genießen. So ist es an den meisten Stränden Irlands bis heute erlaubt, sie mit dem Auto zu befahren und dort zu parken.

Antwort: An den Autos . . .

Nun allerdings hat eine öffentliche Diskussion eingesetzt, ob die Strände doch für Autos geschlossen werden sollen. Der Grund: Die chaotische Szenen vom vergangenen Wochenende. Die August-Hitzewelle, fünf zusammenhängende heiße Tage mit Temperaturen über 25 Grad, trieb die Menschen massenweise an die Irische See und an den Atlantik – und an den Stränden herrschte großes Chaos. Vom Inch Beach in Dingle wurde berichtet, dass hunderte Autos während der Ebbe den Strand in mehreren Reihen zuparkten. Panik entstand, als die ersten Räder im zurückkehrenden Wasser standen und langsam im Sand versanken. Schreiende Kinder, brüllende Erwachsene, kreischende Motoren, dieselgeschwängerte Luft, durchdrehende Räder, fliegender Sand, Irish summertime: Das Durcheinander war perfekt. Allrad-Jeeps mussten eingesetzt werden, um die Autos in der vordersten Front vor dem kompletten Absaufen zu bewahren. Bis der Strand am Abend geräumt war, dauerte es Stunden.

Pragmatiker sagen, dass die nächste Hitzewelle am irischen Atlantik frühestens nächsten Sommer kommt und dass die Sommerferien nach dem kommenden Wochenende ohnedies vorbei sind. Was also aufregen? Die Regionalverwaltung hat indessen Lunte gerochen und sich bereits einen Zuschuss von 50.000 Euro zur Planung eines Plans gesichert: Das Kerry County Council will einen Infrastructural Development Plan für Inch Beach erarbeiten. Wer die Arbeit der County-Verwaltungen kennt, verfällt angesichts dieser Ankündigung nicht leichtfertig in Optimismus . . .

Foto: Autotrack Inch Beach; © Markus Bäuchle