“Wir sind 99 Prozent”: Proteste gegen die Gier der Banker und Spekulanten, gegen die Unfähigkeit der Politik, das Volk vor “dem einen Prozent” zu schützen und gegen die sich verschärfende soziale Ungerechtigkeit werden heute auch in Irlands Städten Dublin und Cork stattfinden. In vielen Ländern der westlichen Welt findet an diesem Wochenende “Occupy”-Demonstrationen nach dem Vorbild der Demonstrationen an New Yorks Wall Street statt. In Irland heißen die Demos “Occupy Dame Street” (Dublin) und Occupy Cork (Treffen im Bishop Lucey Park) und beginnen am Samstagnachmittag.

Irland hat sich bislang im Zeichen der Finanz- und Eurokrise nicht als Hochburg der Proteste ausgezeichnet. Im Gegenteil: In manchen Medien werden die friedliebenden Iren im Gegensatz zu den revoltierenden Griechen und Portugiesen als mustergültige Schafe gefeiert, die sich vollkommen friedlich zur Schlachtbank führen lassen. Ob sich das ändern wird? Seit einigen Wochen wird in Dublin vor der Zentralbank des Landes in Dame Street versucht, die Proteste gegen das Spar-Regime der Troika und gegen die Rettung von Banken und Bankern zum Laufen zu bringen.

Die irische Nachbarin meint: Das kann nichts werden mit den Protesten in Irland. Die Iren hätten das Ventil der Auswanderung erfunden und das sorge seit jeher für eine automatische Regulierung aufkommenden politischen Drucks: Wer unzufrieden ist, haut ab. Soziale und politische Proteste hätten deshalb auf der Insel nur geringe Chancen. Ob Debbie Recht hat? Schaumermal.

PS: Der Politologe Klaus Leggewie, der heute in Frankfurt bei Occupy demonstrieren will, hat der Süddeutschen Zeitung unter anderem dieses über die neue Bewegung gesagt:

Leggewie: Wir reklamieren als Zivilgesellschaft eine Ökonomie, die im Herzen des Kapitalismus wie an seinen Rändern dem Glück des Menschen dient und nicht der Selbstbefriedigung des Wirtschaftslebens. Diese great transformation ist exakt das, was der Wirtschaftswissenschaftler Karl Polanyi 1944 beschrieben hat: Er hat den Kapitalismus kritisiert für die Entbettung der Ökonomie aus der Gesellschaft.

sueddeutsche.de: Klingt kompliziert.

Leggewie: Ist es nicht. Es bedeutet: Wir haben keine kapitalistische Wirtschaft – dagegen hätte ich übrigens nichts. Sondern wir haben eine kapitalistische Gesellschaft – dagegen habe ich sehr wohl etwas. Der Kapitalismus strukturiert unser komplettes Leben – bis in die Liebesbeziehungen hinein. Was Occupy Wall Street macht, ist in Sichtweite symbolisch zu sagen: You are under control. Wir haben euch im Blick, wir prangern euch an, ihr kommt nicht ungeschoren davon. Das ist der wesentliche Punkt. In Frankfurt wird das einen ähnlichen Effekt haben.