Heute flattern die Flaggen in Irland auf Halbmast: Der Stolz der Nation, die Rugby-Nationalmannschaft, ist gestern in Paris gegen die Franzosen schwer unter die Räder gekommen. Die erste Niederlage nach 15 Monaten, abgehakt die Grand-Slam-Träume, angeknackst das Selbstbewusstein vieler Iren, die aus dem sensationellen Lauf der grünen Rugby-Recken in den vergangenen Monaten mächtig Honig gesogen hatten.
Den großen Run auf die neue Modesportart auf der Insel wird die „Klatsche von Paris“ jedoch kaum bremsen. Der Erfolg habe viele Väter, heißt es oft. In diesem Fall kann man sagen: Der Erfolg hat viele Kinder. In Scharen und mit großen Eifer strömen Irlands Jungs mittlerweile Woche für Woche zum Rugby-Training. Der von vielen Iren so lange verabscheute englische Ballkampfsport ist beim Nachwuchs so beliebt, dass es manchem Gaelic Football-Funktionär angst und bange wird. Vorbei die Zeit, da die Iren quasi mit dem Hurling-Schläger auf die Welt kamen, da es keine Alternative zum Nationalsport „Gaelic“ und zum GAA gab. Mittlerweile teilen sich Gaelic, Fußball und Rugby die Aufmerksamkeit. Eine weitere Institution des alten Irland ist ins Wanken geraten.
Ich wohne "auf dem Land" ;-)
Von GAA verstehe ich nichts, ich denke man muß damit aufgewachsen sein, um mit GAA etwas anfangen zu können :-) Die Clubs hier bei uns jammern auf jeden Fall meines Wissens nicht, werde aber nochmal gezielt nachfragen – nicht am Pitch, sondern bei Freunden, deren Kids GAA spielen.
Hallo Pike, stimmt, Rugby ist nicht mein Ding, und wird es nicht werden. Trotzdem mache ich die Beoachtung, dass Rugby auf dem Land als Breitensport im Aufschwung ist – was Du aus der Liga erzählst, wird so stimmen. Der beschriebene Konflikt, dass GAA-Leute um ihre Vorherrschaft fürchten, existiert. Stell Dich am Sonntag mal auf den GAA-Pitch und hör zu.
Hallo Wanderer,
ich schätze ja schon manchmal dein Wissen über Irland und seine Geschichte, aber von Rugby hast du ganz offenbar keine Ahnung: Rugby als "neue Modesportart" zu bezeichnen geht völlig an der Realität vorbei, denn Clubs wie Cork Constitution (gegr 1892) oder Garryowen (1884) sind in Irland schon sehr, sehr lange eine Institution. Die IRFU (Irish Rugby Football Union – http://www.irishrugby.ie/) wurde 1879 gegründet, der erste offiziele irische Club war Dublin University (1854). Klar, geschichtlich hast du natürlich Recht: da waren in den Anfängen in der Tat viele Engländer beteiligt.
Ich habe früher in Deutschland selbst Rugby gespielt und bin seit wir in Irland leben Anhänger der Buccaneers Athlone. In den letzten 14 Jahren habe ich viele Heim- und einige Auswärtsspiele besucht, und es ist eine unumstössliche Tatsache, daß die Besucherzahlen in der AIB-League leider rückläufig sind und viele Clubs in ernsten finanziellen Schwierigkeiten sind, auch da nach dem wirtschaftlichen Kollaps die Sponsorengelder wegbleiben. Rugby und GAA existieren schon lange friedlich nebeneinander. Oft wird aus einem GAA-Jugendspieler irgendwann ein Rugbyspieler, umgekehrt gibt es das eher selten. Das hat auch etwas mit der engen Verbindung von Rugby und Colleges bzw Unis zu tun. Und übrigens: es gibt auch in Irland Damen-Rugbyteams, es sind also nicht nur "Jungs", die da deiner Beobachtung nach "in Scharen hinströmen" ;-) Geh' doch mal zu einem Cork Con-Spiel oder unterhalten dich mit ein paar Anhängern im Clubhaus, dann verstehst du vielleicht, was dieses Spiel so faszinierend macht. Daß das Spiel im Stade de France sehr schwer werden wird, wußten alle die regelmäßig Rugby verfolgen – und mit einem Sieg haben die wenigsten davon gerechnet ;-)