Aldidl. Aldi und Lidl in Irland. Das ist die Geschichte einer zögerlichen Liebe und einer vorsichtigen Annäherung. Vor genau 20 Jahren, Anfang November 1999, öffnete der deutsche Discounter Aldi die ersten beiden Geschäfte in Irland. Der große Konkurrent Lidl folgte mit einem Jahr Verspätung im Jahr 2000. Die beiden ersten Aldi-Supermärkte in Dublin und Cork wurden auf der Insel mit einer Mischung aus Neugier, Skepsis und Zurückhaltung begrüßt.

Heute, 20 Jahre Jahre später, teilen sich die beiden deutschen Discounter ein Viertel des irischen Marktes zu gleichen Teilen. Die Skepsis ist gewichen, neun von zehn Irinnen und Iren haben bereits einmal in einem Aldi oder einem Lidl eingekauft – und sagen längst Liddl statt Laidl. Die beiden Multis, die man maßgeblich für den Preisverfall von Erzeugerpreisen in Deutschland verantwortlich machen kann, haben im wettbewerbsarmen Irland tatsächlich die Art revolutioniert, wie die Menschen einkaufen, und Preisdruck von den Menschen genommen.

Vor Aldi und Lidl regierten in den irischen Städten und Städtchen die mächtigen alten Ortsmonopole: Die lokale Elite, Einzelhändler, oft mit Anschluss an eine Franchise-Kette, diktierten die Preise und verhinderten jede Konkurrenz. Die Menschen zahlten den Preis. Inselzuschlag wurde das gerne genannt. Doch dann kamen die deutschen Invasoren, griffen die Platzhirsche mit Preisen an, die bis zu einem Drittel, manchmal bis zur Hälfte billiger waren. Mary und Paddy wunderten sich gewaltig über die unbekannten Produkte und die obskuren Markennamen aus der Fremde. Sie gingen erst mal schauen, Windowshopping . . .

Lidl Irland

Lidl brachte Irland die Brezel und die Bayerischen Wochen

 

Doch wenn sechs Eier oder zwei Liter Milch oder der Beutel Brot um so viel preiswerter waren als beim Local Supermarket, dann sprach das für sich. Eier blieben Eier, Milch war Milch. Und der viele billige Alkohol . . . Die Menschen gewöhnten sich an die neuen Namen, und die neuen Discounter passten sich an die Konsumgewohnheiten der Einheimischen an. Heute haben Aldi und Lidl jede Menge irische Produkte in den Regalen und sind äußerlich als deutsches Untrnehmen nicht mehr erkennbar. Nur die Bayerischen Wochen oder die frischen Brezeln lassen noch Rückschlüsse zu.

Gute Preise, ordentliche Qualität, reichhaltig frisches Obst und Gemüse, sowie Verlässlichkeit trieben den Billigheimern vom Kontinent in den schweren Zeiten der irischen Wirtschaftskrise immer neue Kunden in die Märkte; als die tiefe Rezession vorbei war und das Geld wieder lockerer saß, hielten Aldi und Lidl den Ball flach und die Preise im Rahmen. Das war völlig atypisch für das Wirtschaften in Irland in guten Zeiten: Nachhaltige Preispolitik statt Get it while you can. Die Rechnung ging auf.

Und dann war da noch die Sache mit den Verführungen im Mittelgang. Die Menschen in Irland kannten das Konzept nicht, dass im Lebensmittelmarkt ein wöchentlich wechselndes Sortiment preiswerter Konsumgüter angeboten wurde. Die Märkte waren für Sinéad und Micheal so etwas wie eine große Wundertüte. Man fing an, auf den Donnerstag zu warten und gespannt zu sein, was die neue Woche wieder an sagenhaften neuen Sensationen bringen würde. Die Geschichten aus dem Mittelgang haben längst Eingang in die irischen Alltagsmythen gefunden.

Die Stories aus dem Mittelgang sind immer für einen Lacher gut: Die von der Frau, die sich bei Aldi eine Skiausrüstung kaufte und bis heute auf den ersten Skilift am Atlantik wartet. Die vom Mann aus Limerick, der sich nur die preiswerten Karotten bei Lidl holen wollte und mit zwei Kettensägen heim kam. Oder die von Peter, der sich einen Auto-Mülleimer (car bin) kaufte, den er bis heute nicht benutzte, den er liebevoll Jermy Carbin taufte, und der nun im Müllberg in seiner rollenden Müllhalde auf vier Rädern verschwunden ist – ein Teil des Problems und nicht die Lösung.

 

Die Irish Times erinnert heute an den Beginn der Ära Aldidl, von Aldi und Lidl in Irland vor 20 Jahren. Sie hat dafür auch schöne Geschichten aus dem Mittelgang gesammelt. Barbara Elliot etwa schrieb: “Ich suchte Motorenöl, aber ich kam mit einem Drucker und einer Fußmatte heim.”

 

Wocheneinkauf der Insulanerin

 

Fotos: Eliane Zimmermann (2), Markus Bäuchle