Feuer Wärme

 

“Man muss kein sogenannter Prepper sein, der sich für jedwedes Katastrophenszenario wappnet, um in Zeiten wie diesen ein wenig über Notfallvorsorge nachzudenken. Es ist also sinnvoll, sich darauf einzurichten, dass man nicht einfach in den Supermarkt gehen kann – oder es vorübergehend mal kalt und dunkel bleiben und vielleicht sogar das Leitungswasser nicht fließen könnte.”

Wer das am Wochenende in seinem Newsletter geschrieben hat? Es war Carsten Knop, Herausgeber des Zentralorgans für deutsche Selbstsicherheit, Frankfurter Allgemeine Zeitung. Der FAZ-Oberaufseher bediente sich dabei eines geläufigen Tricks: Er distanzierte sich verbal von etwas, was er dann inhaltlich propagierte: “Man muss kein sogenannter Prepper sein”, um dann doch ein Prepper* zu sein. Das lange belächelte Preppertum hat nun die Herzkammer des gesetzten Bürgertums erreicht.

Nicht schlimm. Dank dem bösen Russen sind wir jetzt alle Prepper. Wir sind zunehmend “allzeit bereit.” Bereit, einer befürchteten Katastrophe oder einem nahenden Kataströphchen gut vorbereitet und entschlossen die Stirn zu bieten. Mit Kerzen, Streichhölzern . . .nein, das war mal: mit Battery Packs, Powerbanks, Solarlampen, Solar-Radio, Wasserkanistern. Camping-Ausrüster haben gerade Hochkonjunktur, Gaskocher und Gasflaschen sind vielerorts ausverkauft. Lebensmittelvorräte werden angelegt mit Dauerbrot, Bohnen, Fleischkonserven, Reis und Nudeln. Klopapier nicht vergessen.

Am Samstag hatte ich im Beitrag  Angst vor dem Winter? Keine Angst, nur Mut darüber nachgedacht, wie wir die kommenden Herausforderungen mental am besten angehen. Wir alle tun gut daran, uns auf diese einzustellen und uns vorzubereiten, denn die künftigen Krisen, Krisenkaskaden und Kollapse kommen ganz bestimmt. Leser Franz, der recht unbesorgt auf einem Stück Land an der Küste von Kerry lebt, kommentierte: “In der Zweizimmerwohnung im fünften Stock im Plattenbau zu Rostock oder Neuperlach Süd mit drastisch erhöhter Abschlagszahlung für Strom und Heizung sieht die Sache wieder anders aus, da würde ich auch schlechter schlafen.”

Wasser

 

Natürlich sind die Chancen, die Voraussetzungen, Spielräume und Freiräume der Menschen in der westlichen Welt ungleicher verteilt denn je. Die Gesellschaften sind gespalten und von den vielen aktuellen Problemen ist die Ungleichheit eines der größten, systembedrohend. Das entlässt freilich alle Wohlhabenden, die die Möglichkeiten haben, nicht aus ihrer Verantwortung. Etwas nicht zu tun, weil andere es nicht tun können, ist genauso fragwürdig wie sich nicht anzustrengen, weil sich ja die Chinesen vermeintlich auch nicht anstrengen. Die Journalistin Gabriela Keller hat bei ihren Recherchen übrigens heraus gefunden, dass die klassische Prepper-Szene vielschichtig ist: “Von der Hartz-IV-Empfängerin bis zum Silicon-Valley-Milliardär, vom jungen Zeitsoldaten bis zum Frührentner“ ist alles dabei.

Man muss ja nicht gleich einen Bunker bauen

Es macht Sinn, wenn wir uns alle nach unseren eigenen Möglichkeiten auf die Unwägbarkeiten der Zukunft vorausschauend vorbereiten. Der Grundgedanke lautet: Was mache ich, wenn der Strom nicht mehr aus der Steckdose kommt, das Gas nicht mehr aus der Leitung fließt, kein Wasser aus dem Wasserhahn, keine Wärme aus dem Heizkörper? Wenn die Lieferketten stocken oder sogar zerbrechen, die Regale im Supermarkt leer bleiben?

Man muss ja nicht gleich einen Bunker bauen. Nützlicher ist es wohl, die persönlichen Beziehungen vor Ort, im eigenen lokalen Umfeld, zu stärken, lokale Produzenten wieder zu bevorzugen und ihre Erzeugnisse direkt zu kaufen. Der Bauer im eigenen Dorf kann mehr direkt verkaufen, er muss seine Produkte nicht zu Mindestpreisen an Großvertreiber abgeben oder um die halbe Welt schicken. Eine neu florierende lokale Wirtschaft kann uns viel Sicherheit zurück geben, den globalen Monsterplattformen, allen voran Amazon, die Kraft und die Macht nehmen. Selbermachen, Tauschen, Gemeinsam Nutzen und Reparieren können die Unabhängigkeit stärken und den Geldbeutel entlasten. Der Ort, an dem wir leben und arbeiten, bietet viele Möglichkeiten, um unsere Grundbedürfnisse besser zu sichern – gemeinsam besser als im Alleingang.

 

Wie halten Sie es?

Bereiten Sie sich auf den Winter vor? Wie und womit? Ihre Meinung interessiert mich. Das Kommentarfeld (unten) ist frei geschaltet,

PS: Noch ein Tipp von Neu-Prepper Knop, der sich schlau gelesen hat: “Zudem wird empfohlen, auch in ganz normalen Zeiten stets ein kleines persönliches Lebensmittellager für etwa zehn Tage vorzuhalten. Dabei solle man darauf achten, dass man sich daraus auch dann noch gut versorgen kann, wenn es weder Gas noch Strom zum Kochen gibt. So sind Reis und Nudeln zwar für den Quarantänefall sinnvoll, doch ohne Kochgelegenheit wären sie ungenießbar.” Wo er recht hat . . .

 

Windfarm irland

Windfarm über Farmhaus in Colomane, Bantry

* Prepper sind Menschen, die sich auf jedweden möglichen Notfall vorbereiten, um geschützt zu sein, falls dieser Notfall eintritt. Das Wort kommt vom Englischen prepared = vorbereitet und erinnert an den alten Pfadfinderspruch always prepared = allzeit bereit.

Fotos: Markus Bäuchle