Es ist Winter in Irland. Harter Winter. Eis, Schnee, seit über einer Woche Dauerfrost in vielen Teilen der Insel. Das ist selten. Die Rekordjäger haben jetzt wieder Hochkonjunktur: Es ist der kälteste Winter seit . . .  2009? 2018? Minus neun Grad wurden am Montag im Norden im County Down gemessen, immerhin minus sieben in Athenry im County Galway. Erinnerungen werden wach an die “Kleine Eiszeit” im Winter 2009/10, als Irland wochenlang unter strengem Dauerfrost erstarrte, das öffentliche Leben völlig zum Erliegen kam.

In diesen Tagen beschränken sich die Schulschließungen bislang auf einzelne Orte, da und dort fallen Busse aus, die Unfälle häufen sich, auch die Verkehrstoten. An den Airports von Dublin und Cork werden Flüge gestrichen. Heute werden mancherorts Temperaturen im zweistelligen Minusbereich erwartet, bevor es am Sonntag wieder wärmer wird. Es könnte ein milder Tag mit Temperaturen über zehn Gras plus werden.

 

 

Caroline Robinson von der Robinson Farm in Templemartin, West Cork, schreibt uns in ihrem aktuellen Online-Bestellzettel:

“Ja, das war eine dringend benötigte Pause von all dem Regen! Dieser Kälteeinbruch wird uns sehr gut tun. Er unterbricht die Zyklen von Schädlingen und Krankheiten. Laubabwerfende Obstbäume profitieren von der Winterkälte. Wasser dehnt sich aus, wenn es gefriert, so dass der Frost die Bodenteilchen aufspaltet und die Verdichtung verringert, der Boden wird dadurch lockerer und leichter zu bearbeiten. Kälteeinbrüche verwandeln Stärke in Zucker und verbessern so den Geschmack von Pastinaken, Rüben und Topinambur.”

Auch die Robinsons müssen sich natürlich auf die ungewohnte Kälte einstellen sich sich daran anpassen:

“Rote Beete vertragen keinen Frost, also haben wir sie mit zwei Lagen Vlies abgedeckt und hoffen das Beste. Auch unser Ernteplan musste angepasst werden, denn wir können das Gemüse nur ernten, wenn es in der Mitte des Tages aufgetaut ist, sonst verrottet es einfach.”

 

 

Wir füttern derweil, was das Zeug hält. Erkennbar 20 Vogelarten fliegen die Winter-Tafeln in unserer Arche derzeit an. Ich habe Anfang Dezember begonnen, die Arten zu notieren, die uns besuchen. Der erste Gast war ein Fischreiher, der sich früh im Winter umsah, ob die Frösche schon im Teich angekommen sind, um dort zu laichen. Er muss sich wohl noch ein wenig gedulden. An den Futterstellen wurden gesichtet: Blaumeisen, Buchfinken, Distelfinken, Tannenmeisen, Heckenbraunellen, Türkentauben, Grünfinken, Kohlmeisen, Rotkehlchen, Birkenzeisige, Singdrosseln, Baumläufer, Amseln, Schwanzmeisen, Trauer-Bachstelzen und Erlenzeisige.

Dazu zwei Sperlinge und die unvermeidlichen Elstern, sowie ein paar Saatkrähen, darunter eine besonders treue, die Laute von sich gibt wie eine Möwe. Noch warten wir auf die Bergfinken, die Dompfaffen, die Rohrammer und die Bluthänflinge. Mindestens. Flaumfeder-Büschel am Boden verraten, dass auch der Sperber oder der Falke sich gerade gütlich halten.

 

We are the Ark

 

Die größte Population stellen mittlerweile die Distelfinken (Stieglitze, Foto mitte und hinten). Sie haben sich im Lauf der Jahre prächtig vermehrt. Als wir in Irland im Jahr 1999 ankamen, wunderten wir uns, warum das Häuschen, das wir kauften, den Namen Goldfinch House trug. Denn um das Distelfinken-Haus herum wurden keinerlei Distelfinken gesichtet – und das hielt über zehn Jahre an. Auf dem Grundstück lebten tatsächlich nicht mehr als eine Handvoll Vogelarten. Mittlerweile nach zwei Jahrzehnten Pflanzen und Füttern haben wir 37 Arten gezählt. (Wer über das Naturschutzprojekt “We are the Ark”, etwas lesen will, über die Archen für die Natur in einer zunehmend zerstörten Welt, ist hier richtig: The Ark – Die Arche. Lebensraum für Tiere und Pflanzen.) Von fünf auf 37 Arten, das ist ein kleiner begrenzter Erfolg. Angesichts der ungehemmt fortschreitenden Naturzerstörung im Land allerdings kein Grund NATURE POSITIVE zu flöten.

 

Fotos: Antje Wendel (1, Distelfinken); Markus Bäuchle (4): Winterimpressionen aus Shronebirrane und Cummeengeera, Kerry.