Papst Franziskus kommt nach Irland.*

Halleluja. Am Samstag kommt der Papst nach Irland – und die Begeisterung im einst katholischsten Land Europas hält sich in engen Grenzen. Die Irish Times ruft zum Boykott der Veranstaltungen mit Papst Franziskus in Dublins Croke Park und Phoenix Park auf, die ehemalige irische Staatspräsidentin Mary Mcaleese reitet im Vorfeld des Papst-Besuchs scharfe Attacken gegen die katholische Kirche, den Vatikan und den Papst – und viele  andere Irinnen und Iren überlegen sich, wie sie dem Trubel am Wochenende am besten entkommen können.

Wie sich die Zeiten geändert haben. Im September 1979, beim ersten Besuch eines Papstes in Irland. war das ganze Land auf den Beinen. 2,5 Millionen Iren besuchten die Veranstaltungen mit dem katholischen Oberhirten Johannes Paul II (Wojtyla). Alleine in den Phoenix Park strömten damals 1,25 Millionen Iren und sorgten für das größte Open Air Event aller Zeiten auf der grünen Insel. 39 Jahre später ist der religiöse Taumel der Enttäuschung und der Verbitterung gewichen. Das Bodenpersonal Gottes hat sich in Irland in den vergangenen Jahrzehnten ganz besonders schuldig gemacht: Die bekannt gewordenen Fälle von sexuellem, körperlichem und seelischem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, von Frauen und Männern gehen in die Tausende. wenn nicht Zehntausende.

Die Kirchen-Hierarchie aber übt sich bis heute weniger in Buße und Widergutmachung als in störrischer Selbstverteidigung. Wie sagte Mary McAleese gerade in einem Radio-Interview über die ihrer Ansicht nach korrupte Kirche: Der massenhafte Missbrauch von Menschen durch Priester und Ordensschwestern wurde von den Bischöfen systematisch vertuscht – und dies auf Geheiß der zentralen Führung, des Vatikans.

Das Ergebnis von 25 quälenden Jahren der Aufdeckung von klerikalem Fehlverhalten: Massenhaft beschädigte und zerstörte Leben, leere Kirchen und der Niedergang der einst mächtigen Institution. Noch immer warten die Opfer und ihre Angehörigen darauf, dass die Täter endlich zur Rechenschaft gezogen werden, dass es Gerichtsverfahren und Verurteilungen gibt – und natürlich Entschädigungen. Die überraschend klaren Volksabstimmungen zur Ehe für Alle und zur Liberalisierung des Abtreibungsrechts waren jedenfalls nicht nur lange fällige Schritte in eine liberale Zivilgesellschaft, sondern auch eine Quittung für die Verbrechen der katholischen Kirche in Irland. Die Kirche liegt am Boden, die neue Religion heißt auch in Irland Geld.

So wird die Irlandreise für den unkonventionellen Papst, der vielerorts trotz Kirchenskepsis auf Sympathie und Wohlwollen trifft, kein Heimspiel. Viele der einst treuesten Anhänger des Kirchenführers sind zu dessen härtesten Kritikern geworden. Mit einer guten Kulisse darf der Argentinier Jorge Bergoglio dennoch rechnen. Er fliegt zum Welt-Familientag ein – und Teilnehmer aus 116 Ländern werden zusammen mit irischen Kirchen-Getreuen für den in Zahlen messbaren Erfolg sorgen. Eine halbe Million Menschen dürften so am Sonntag im Phoenix Park schon zusammen kommen, um den Papst zu erleben.

 

  • Foto: Casa Rosada (Argentina Presidency of the Nation)

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