Noch sind zahlreiche Straßen im Land wegen des Hochwassers geschlossen, viele Menschen werden heute morgen Umwege fahren müssen und im Stau den Arbeitsbeginn versäumen. Zahlreiche Schüler dürfen gar ausschlafen: Die Schulen, vor allem in Cork, bleiben geschlossen. Insgesamt aber beruhigt sich die Lage in Irland nach einer abermals stürmischen Nacht. Die Windgeschwindigkleiten und die Regenmengen werden sich heute im Laufe des Tages laut Wetterprognosen auf winterlichem Normalmaß einpendeln. Sorgen gibt es noch am unteren Shannon: Das Clare County Council rechnet dort mit neuen Überschwemmungen.

Irland hat soeben seine alten Werte wiederentdeckt: Solidarität und Hilfsbereitschaft. Großangelegte Nachbarschaftsaktionen sind angelaufen, um Menschen in Not zu unterstützen. Polizei, Feuerwehren und zahlreiche freiwillige Helfer organisieren die Versorgung von schutzbedürftigen Menschen, von Alten, Alleinstehenden, Kranken. Vor allem sauberes Trinkwasser fehlt vielerorts – allein in Cork City sind 18.000 Häuser von der Wasserversorgung abgeschnitten. Doch die Wassertankautos rollen und die Flaschenverteiler sind unterwegs. Hotels der Stadt stellen kostenlos Zimmer für Evakuierte zur Verfügung und Nachbarn öffnen ihre Türen und Badezimmer für Leute, die nicht in ihre Häuser zurückkehren können.
Irlands bräsiger Ministerpräsident Brian Cowen hat sich dann heute auch endlich aufgemacht und besucht besonders betroffene Orte im Land. Heute morgen wird Cowen in Cork erwartet. Er hat vom deutschen Deichgrafen Gerhard Schröder wohl gar nichts gelernt, sonst hätte sich Cowen bereits am Samstag in vorderster Helferfront in Armeeuniform mit aufgekrempelten Ärmeln fürs irische Fernsehen filmen lassen.
Stattdessen bedankte sich Cowen am Sonntag im feinen Zwirn und ganz im Trockenen sehr artig, dass ein Teil des öffentlichen Dienstes am morgigen Dienstag nicht am landesweiten Streik teilnehmen wird, zu dem die Gewerkschaften aufgerufen haben. Zahlreiche Gruppen und Berufsverbände stellen nun tatsächlich die Hochwasserhilfe in den Vordergrund und den geplanten Streik hintenan. (Beim landesweiten Streik am Dienstag will der Öffentliche Dienst gegen die geplanten Lohn- und Gehaltskürzungen in Höhe von durchschnittlich selben Prozent protestieren, alle Schulen werden geschlossen bleiben.)
Ob das dem angezählten Regierungsschef und seiner Fianna Fáil-Partei noch helfen wird? Kaum. Die politischen Konkurrenten von Fine Gael stehen vor dem Sprung an die Macht in Irland. Die Umfragewerte für die Opposition sind gut wie nie– und die bevorstehenden Budget-Debatten könnten einen Regierungswechsel vorbereiten.