Irland Folk Song

Luka Bloom singt live auf RTÉ One “On Raglan Road”

 

Irland hat gewählt: On Raglan Road ist Irlands beliebtester Folk Song. Der nationale irische TV-Sender RTÉ hat sein Publikum in den vergangenen Wochen über das populärste irische Volkslied abstimmen lassen. Gestern Nacht wurde das Ergebnis in der populären Late Late Show bekannt gegeben: Die meisten Irinnen und Iren entschieden sich für den Song On Raglan Road. Den Text dieses großen Songs hat der Poet Patrick Kavanagh geschrieben. Er handelt von seiner großen unerhörten Liebe zu der jungen Hilda Moriarty. Vertont wurde Kavanaghs Text von Luke Kelly und den Dubliners, die den Song ab 1972 weltweit berühmt machten. Irlands großer Folksänger Luka Bloom sang den Gewinner-Song On Raglan Road gestern Nacht live in der Late Late Show.  (Hier geht es zum aktuellen Video mit Luka).

Irish Music Spezialist Patrick Steinbach, der auf Irlandnews Patrick´s Music Corner schrieb hier auf Irlandnews über On Raglan Road:

:: Dieses traurige Lied beschreibt das Bemühen und Werben des irischen Lyrikers Patrick Kavanagh um eine junge Frau namens Hilda. Die Liebe, die er empfindet, ist so stark, dass sie eigentlich schon zum Scheitern verurteilt ist. Wohl auch überfrachtet er gemeinsame Spaziergänge, indem er sich für die Herzensdame die schönsten Gedichte ausdenkt. Die Angebetete ist nur halb so alt wie er und möchte sich nicht binden. Zurückweisung, wiederkehrende Einsamkeit und die Gewissheit, dass es in einem Leben nicht oft solche Momente gibt, das ist die reale Tragik und die häufige Grundierung irischer Liebeslieder.

:: Der Dichter des Textes konnte nicht mehr erleben, wie sein Text vertont und von Luke Kelly und den Dubliners in die Welt getragen wurde. Es wäre eine späte Genugtuung gewesen, wenigstens, aber auch die blieb ihm verwehrt. Kavanagh starb – seine tragische Liebe blieb unerfüllt, sein Gedicht ungehört. Diese Traurigkeit durchweht den Song Raglan Road. Melodisch ist er schwer zu fassen und weniger gut erinnerbar als die üblichen irischen Liebeslieder. Dafür hat das Lied Tiefe und Persönlichkeit, eine Intimität, der man sich nur schwer entziehen kann.

 


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Ein genaues Ergebnis, mit der Reihenfolge der zehn Song der Shortlist oder mit Prozentzahlen der Abstimmung blieb RTÉ bis jetzt schuldig. Sei´s drum. Intransparenz gehört hierzulande bekanntlich zum guten Stil. Das Schlusswort hier hat Patrick Steinbach, der in den vergangenen Tagen auf Irlandnews alle zehn Favoriten einfühlsam vorgestellt hat:

 

A Rainy Night in Soho
Only A Woman’s Heart
Danny Boy
Óró, Sé do Bheatha ‘Bhaile
On Raglan Road
Rocky Road to Dublin
The Foggy Dew
The Green Fields of France (Willie McBride)
The Parting Glass
The Town I Loved So Well

 

Es war mir eine Ehre, hier auf Irlandnews den von RTÉ ausgelobten Irish Song-Contest begleiten und kommentieren zu dürfen. Die von fachkundiger Jury für diesen Wettbewerb festgelegte Shortlist zehn bekannter irischer Folk Songs wäre allein schon mehrere Kommentarspalten wert. Ebenso die Wahl der beteiligten Interpreten. Persönlich hätte ich mir zum Teil andere Titel gewünscht, die mehr Potential haben. Auch fand ich die Wahl der Künstler mitunter fragwürdig.

Einen Song zu beurteilen und zu beschreiben ist eine heikle Angelegenheit. Klar, die formellen Dinge, wie Instrumente, Abfolge, Inhalt, Performance… Die sind schnell erfasst. Doch wie ein Musikstück auf einen wirkt, hat sehr viel mit Gefühl und Geschmack zu tun, auch mit dem Augenblick, in dem wir die Musik vielleicht zum ersten Mal gehört haben und uns nun daran erinnern und nun automatisch vergleichen. Halten die Darbietungen meinen Erwartungen stand? Sind sie gar besser, oder fallen sie im Vergleich eher schwach aus? Ich habe beim Hören der Songs und dem Lesen der Texte sehr viel Neues, viel Persönliches und Historisches gelernt.

Am bemerkenswertesten finde ich die Idee an sich. Ein Wettbewerb mit den schönsten Liedern Irlands, einem Land, das eine tiefe, spannende und beklemmende Vergangenheit hat, das sich dramatisch schnell durch die Gegenwart auf eine wie auch immer geartete Zukunft zubewegt. Dabei hat es Lieder im Gepäck, die zeitübergreifendes und identitätstiftendes Allgemeingut sind.

Ein nationales Heimatgefühl, gesungen und nicht gebrüllt. Man kann sich auch in einem Lied zu Hause fühlen. Aufgehoben und verstanden mit all seinen Ängsten und Abgründen. Hier hat Musik eine heilende und Gemeinschaft spendende Wirkung. Nicht umsonst wurden sämtliche Musikvideos von RTÉ in heimeliger und privater Atmosphäre aufgenommen. Man sitzt den Musikern gemütlich gegenüber, ist Teil der Runde. Sie laden ein und lassen teilhaben an einer Kultur, die von sich aus Kontakt und Anteilnahme sucht. Ja, das können die Iren richtig gut!

Europa wählte gerade Parteien. Und Irland wählte nun den beliebtesten Song. Klasse! Der irische Folk Song Contest hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ich fänds klasse, hätten wir auch in Deutschland die Wahl zwischen Biene Maja (Rammstein), unserer Hymne (Helge Schneider) und Atemlos (Angela Merkel), alles schön neu produziert vor der Green Screen, visualisiert mit Ruinen plus blühende Landschaften . . . 

In diesem Sinne. Bis demnächst wieder hier im Irish Music Corner.

Euer Patrick