Alles hat ein Ende. Auch der Lebenszyklus eines Autos. Lange schien es so, als gäbe es zumindest zwei Orte auf der Welt, an denen die Lebenszeit eines Pkw unbegrenzt sei: Im sonnigen Kuba, wo bis heute die amerikanischen Oldtimer aus der Zeit vor der Revolution 1959 das Straßenbild dominieren – und die Inseln Irlands. Hier überlebten alte Karren auch ohne all die nutzlosen Accessoirs wie Stoßstangen, Lichter, Scheiben oder gar Türen, solange sie noch das taten, wofür sie gebaut wurden: Fahren.
Touristen vom Kontinent konnten nicht genug Fotos machen von den wunderlichen Schrottkisten auf Cape Clear, auf Sherkin Island oder Bere Island. Die alten Autos auf Irlands Inseln genossen Artenschutz – bis jetzt, da wir feststellen müssen: Alles hat ein Ende, auch die Schrottkarren-Kultur auf Clear, Bere und Sherkin. Derzeit werden die rollenden Wracks von den Inseln aufs Festland gebracht und dort fachgerecht verschrottet. Von Cape Clear traten 33 Schrottbeulen ihre letzte Reise zum Scrapyard an, von Sherkin immerhin 25.
So setzt sich auch bei den Insulanern am Ende die Haltung durch, dass die Wracks das Auge des zeitgenössischen Betrachters systematisch beleidigen und dass sie möglicherweise einen falschen Eindruck vom modernen Inselleben vermitteln . . .
Der Gott des heiligen Bleches gebe Ihnen ewigen Frieden . . .
Hier zur Verabschiedung von Irlands Insel-Oldimern meine kleine Foto-Kollektion samt einiger Anmerkungen vom 11. Oktober 2011, wie es sich anfühlt, in einem rollenden Schrotthaufen ohne Unterboden unterwegs zu sein.
Irland Sommer 1995 auf einer Insel vor der Insel. Unvergessliche Momente einer kurzen Fahrt vom Pier zur Unterkunft. Auf dem Beifahrersitz. Die Beine weit gespreizt, um Halt auf den Resten des Unterbodens zu finden. Unter mir gibt ein ansehnliches Loch den Blick auf die vorbeifliegende Straße frei. Immerhin: Auch ohne Spiegel, Heckklappe und Boden brachte uns der alte Schrott-VW zum Ziel.
Dann kam im Jahr 2000 Irlands TÜV, der NCT – und auf den Inseln änderte sich: Nichts. Während sich die Qualität der Autos auf der Hauptinsel auch unter dem Eindruck des Keltischen Tigers rasch europäischem Normalniveau anglich, blieb den Inseln vor der Hauptinsel dieser Innovationsschub erspart: Die heldenhaften Insulaner genießen viele Privilegien, unter anderem haben sie keinen TÜV und müssen keine Straßensteuer für ihre Karossen bezahlen. So hielten sich auf Irlands Inseln die rollenden Automuseen länger als anderswo. Hier eine kleine Galerie schöner Insel-Schrottlauben, aufgenommen im Sommer 2011 auf . . . (Diskretion Ehrensache).
Fotos: Markus Bäuchle
He Markus,
ich glaube ich kenne diese Insel – ist gar nicht so weit weg von deiner Wahlheimat. Als ich dort zum erstenmal mit der Fähre (oder soll ich das Gefährt eher Landungsboot nennen) ankam dachte ich nur: Wer hat hier dierkt am Hafen einen Autofriedhof angelegt – kann man die Schrottlauben nicht vernünftig entsorgen? Aber wenige Minuten später wurde ich eines Besseren belehrt. Kein Autofriedhof, nein das war der Parkplatz am Hafen. Denn einige der Irischen Passagiere die mit mir auf die Insel gekommen waren setzten sich in diese Schrottlauben und fuhren damit los. Als ich am Abend mit der letzten Fähre zurück fuhr hatte sich der Autofriedhof nahezu aufgelöst.
Schönen Gruß
Joachim