Irlands Star-Ökonom David McWilliams hat in dieser Woche wieder einmal vorgerechnet, dass die irische Regierung und die Medien den Inselbürgern die Wahrheit systematisch vorenthalten. Während die Regierung sich und den Bürgern die wirtschaftliche Lage im Land schön redet und Zeichen der Erholung erkennen will, während die Medien jede kleine Unternehmenserweiterung wie den Beginn eines neuen Booms feiern, besteht McWilliams darauf: Irland bewegt sich unweigerlich auf die Pleite zu, Irland wird bankrott gehen.

Warum der erklärungsbegabte Ökonom so beharrlich darauf besteht, der bitteren Wahrheit endlich ins Auge zu sehen, begründet er mit dieser schlüssigen Analyse:

* Die Bedingungen: Irland hat derzeit 450.000 Arbeitslose. In den vergangenen 18 Monaten sind 100.000 Menschen bereits ausgewandert, in den kommenden 18 Monaten werden 120.000 weitere das Land verlassen.

* Der Staat kann mit seinen Einnahmen nur noch 70 Prozent seiner Ausgaben decken – die Sonderausgaben zur Rettung der maroden Milliarden vernichtenden Anglo Irish Bank nicht eingerechnet.

* Die nationale Verschuldung Irlands bewegt sich aufgrund der hohen Kreditzinsen in Richtung der Höhe des Bruttoinlandsprodukts, will heißen: Die Schulden entsprechen bald schon der Wirtschaftsleistung eines gesamten Jahres.

* Um die Schuldenspirale unter diesen Bedingungen zu stoppen, müsste die Rate des Wirtschaftswachstums höher sein als der Satz der Schuldzinsen: Die allerdings liegen bei sechs Prozent und ein Wachstum von sechs Prozent wird Irland wohl in den kommenden Jahrzehnten nicht erreichen. Deshalb lässt sich die Verschuldung nicht stoppen.

* Welcher Gestaltungsspielraum bleibt dem Staat? Dramatisch sparen und/oder drastische Steuererhöhungen. Beide Maßnahmen aber bremsen das Wachstum und würgen die Wirtschaft weiter ab. Ein Weg aus der Schuldenfalle gelänge nur, wenn die Wirtschaft die Produktivität stark steigern oder die Preise stark senken könnte. Da aber die Produktivität nicht vom Himmel fällt sondern das Ergebnis von Investitionen ist, und da Euro-Irland an der Preisseite nicht drehen und die Währung nicht einseitig abwerten kann, ist eine Alternative zum Bankrott nicht in Sicht.

David McWilliams hält den Schuldzinssatz für eine der wenigen ehrlichen Aussagen in der Diskussion der wirtschaftlichen Lage Irlands:  Die Schuldzinsen für Irlands Staatsanleihen liegen bei drastischen sechs Prozent, weil die Finanzmärkte das Land für die schlechten ökonomischen Aussichten abstrafen. Die Schuldzinsen klettern parallel mit dem Risiko, dass das Land finanziell zusammenbricht.

Keine schönen Aussichten also. So scheint es nur eine Frage der Zeit, bis der Internationale Währungsfonds und die EU die Zügel auf der Insel in die Hand nehmen. Ist Irland doch Griechenland?