Auch wenn sich der Sommer schon verabschiedet: Heute ein Sommergedicht …und ein Loblied auf das Wandern:
„The Wayfarer“ / „Der Wanderer“ von Padraic Pearse (1879-1916)
Sommergedicht? Natürlich, spricht Pearse doch von vielen wunderbaren Erlebnissen und Empfindungen auf Wanderungen im irischen Sommer.
Aber, die „Schönheit der Welt“ macht den Lyriker auch traurig – weiß er doch, dass die Vergänglichkeit allem Blühen, allem Lebendigen ein Ende setzen wird…
Pearse reiht Naturerfahrungen aneinander – jeder von uns kennt dieses Wahrnehmen und manchmal das Staunen darüber. Und jeder kennt auch – vielleicht mit fortgeschrittenem Lebensalter -, dass diese Erfahrung sekündlich umschlagen kann in einen solchen Gedanken: Wie viele solche kostbaren Eindrücke darf ich noch (er)leben?
Padraic Pearse ist uns Deutschen als Lyriker oder erfolgreicher Schriftsteller nicht sehr vertraut. Hier wissen wir um ihn als bekanntes Mitglied im Osteraufstand 1916. In Irland kennt man auch seine Poesie.
Pearse entstammte einer erfolgreichen Steinmetzfamilie. Der aus England eingewanderte Vater heiratete eine katholische Irin, die aus einer Familie von der Westküste stammte. Die familiäre Wertschätzung für die irische Sprache und Kultur, die Unterstützung der Befreiungsideen seiner Familie sowie die Schulausbildung auf einer katholischen Schule hatten prägenden Einfluss auf den jungen Padraig.
Später lehrte Pearse Irisch-Gälisch und schrieb Gedichte und Geschichten in irischer Sprache. Als Lehrer an einer von ihm gegründeten Schule in Dublin ermutigte er die Schüler, ihre eigene Kultur, Sprache und traditionelle irische Sportarten auszuüben.
Er war Mitbegründer der „Irish Volonteers“ und trat der „Irish Republican Brotherhood“ bei. Bald gehörte er zum Führungszirkel. Beim Osteraufstand 1916 verfasst er die berühmte „Proklamation für Irland“. Nach der Niederschlagung wurde Pearse zusammen mit 14 weiteren Aufständischen in Dublin hingerichtet. (Biografische Informationen nach wikipedia)

Patrick Henry Pearse
*10. November 1879 † 3. Mai 1916
(Foto Wikipedia)
„The Wayfarer“ / „Der Wanderer“ wurde 1999 von den Lesern der Irish Times auf Platz 20 der Lieblingsgedichte Irlands gewählt.
The Wayfarer
Padraic Pearse
The beauty of the world has made me sad.
This beauty that will pass.
Sometimes my heart has shaken with great joy
To see a leaping squirrel on a tree
Or a red ladybird upon a stalk.
Or little rabbits, in a field at evening,
Lit by a slanty sun.
Or some green hill, where shadows drifted by,
Some quiet hill,
Where mountainy man has sown, and soon will reap,
Near to the gate of heaven.
Or little children with bare feet
Upon the sands of some ebbed sea,
Or playing in the streets
Of little towns in Connacht.
Things young and happy.
And then my heart has told me –
These will pass,
Will pass and change,
Will die and be no more.
Things bright, and green.
Things young, and happy.
And I have gone upon my way, sorrowful.
Das Bild zeigt Derrynane Abbey auf Abbey Island bei Caherdaniel (Kerry)
Weitere Teile in der Serie „Lyrik am Sonntag“:
William Butler Yeats – Himmelsgewänder
Patrick Kavanagh – Im Gedenken an meine Mutter
Thomas Moore – Oftmals, in der stillen Nacht
Liebe Heike,
danke für deine schönen in der Seele verbindenen Worte/Gedanken. Zeigt es mir doch, dass ich nicht so allein mit meiner Melancholie bin, wie ich es oft glaube zu sein. :-)
Lieber Werner,
wenn man mit dem, was man leidenschaftlich tut, auch nur einen Menschen erreicht, hat es sich doch schon gelohnt.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, wieviel Freude es dir macht, berührende/schöne Texte und dazu ein passendes Foto zu finden.
Lyrik hat es heutzutage eh schwer, aber es gibt immer noch einige Menschen, die sich daran erfreuen. :-)
Es ist auch mal schön, seine Gedanken mit anderen austauschen zu können.
Außerdem eröffnen sich mir neue Welten, ich lerne dazu und entdecke auf diesem Wege neue Bücher der irischen Literatur.
Ich freue mich auf weitere „Lyrik am Sonntag“ von dir und Heike mit Sicherheit auch. :-)
Liebe Grüße an euch beide
Manuela
Liebe Manuela, liebe Heike,
eure Kommentare zeigen mir, dass meine laienhafte Versuche, irische Gedichte dem interessierten Publikum von unserer Lieblinge-Irland-Seite näher zu bringen, doch nicht ganz verunglückt sind.
Denke wie ihr, dass dieses Gedicht (wie so viele. oder wie eigentlich Lyrik fast gänzlich) sich eher Menschen mit fortgeschrittener Lebenserfahrung erschließt.
Schön, wer die Freude an Gedichten teilen kann!
Grüße Werner
Lieber Werner,
dir meinen herzlichen Dank für dieses tiefsinnige und wunderschöne Gedicht. Ich werde die Originalversion auswendig lernen!
Liebe Manuela, du hast bereits vieles von dem ausgedrückt, was mir zu diesem Gedicht auch in den Sinn kam. Auch ich empfinde in Padraics Worten die Vergänglichkeit von allem Schönen und Lebenden. Und ja, ein Kind, ein junger Mensch erfreut sich daran, ohne an diese Vergänglichkeit zu denken. Erst mit zunehmendem Alter und mit der damit verbundenen Lebenserfahrung weiss man, wie kostbar diese Schönheiten und das Leben sind.
Uns bleibt mit dieser Erkenntnis nur, die Schönheiten der Welt mit all unseren Sinnen bewusst zu erleben, zu geniessen und in unseren Erinnerungen festzuhalten.
Liebe Grüsse
Heike
Lieber Werner, ich hab schon so gewartet auf deine „Lyrik am Sonntag“. :-)
Padraic Pearse‘ Cottage haben wir, bei einem unserer ersten Irlandurlaube, besucht. Leider nur von außen gesehen.
Gedichte von ihm kannte ich bisher nicht.
Ich hing erstmal so meinen Gedanken nach…
Wandern im Sommer hat in Irland eine andere Melancholie (heute noch, denke ich) , als wandern im Sommer in Deutschland. Man hat halt in Irland auch im Sommer den Regen und mit ihm das magische Licht, dunstige Tage, von denen man hier in Deutschland so langsam nur noch träumen kann.
Aus deutscher „Sommersicht“ ist dieses wunderschöne Gedicht von Padraic Pearse – für mich – ein Herbstgedicht mit Blick zurück auf den Sommer. Auf den Sommer des Lebens. Der Blick zurück auf unbeschwerte Kindheit und Jugend. Hat man als junger Mensch über Vergänglichkeit kaum nachgedacht (jedenfalls, wenn man jung und gesund war und es keine Schicksalsschläge im nahen Umfeld gab), sieht man sich heute in jedem Blatt, welches im Herbst vom Baum fällt, in der untergehenden Sonne eines Spätsommerabends. Man sieht den Schwalben hinterher, wenn sie in den Süden fliegen und hofft, sie im nächsten Jahr wieder zu sehen. Es lässt sich leichter dichten/schreiben, wenn man um die Vergänglichkeit weiß. Und das kommt in diesem Gedicht wunderbar zum Ausdruck.
Danke für das schöne lyrische Geschenk! :-)
Liebe Grüße
Manuela