Es ist wieder Lyrik-Time auf Irlandnews. Werner Bartholme stellt heute vor:
Patrick Kavanagh (1904 – 1974):
In Memory of My Mother / Im Gedenken an meine Mutter
Patrick Kavanagh gilt als einer der bedeutendsten Dichter des 20. Jahrhunderts. Zu seinen bekanntesten Werken gehören der Roman „Tarry Flynn“ sowie die Gedichte „On Raglan Road“ – eines der häufigsten interpretierten Songs Irlands – und „The Great Hunger“, sein großes Gedicht über die Hungerjahre Mitte des 19. Jahrhunderts.
In seinem Werk ist Kavanagh meist ganz nah am „einfachen“ Leben, bei den meist armen Menschen. Durch die genaue Beschreibung der harten Wirklichkeit und durch den Verweis auf das Alltägliche, erreicht er eine poetische Tiefe, die oft lange nachwirkt.
Aufgewachsen in der festgefügten Enge der kleinen Dorfgemeinde Inniskeen (Co. Monaghan), folgte er zunächst dem vorgegebenen Weg seines Vaters. Er sollte nach der Schule ebenfalls Schuhmacher werden. Nach Abbruch der Schule mit 12 und dem Versuch , dem Wunsch des Vaters nachzukommen, arbeitete Kavanagh 20 Jahre auf der Familienfarm, schrieb kleine Texte für die Lokalzeitung, bevor er 1939 nach Dublin zog und sich als Journalist und Schriftsteller durchs Leben schlug, oft zensiert und oft im Clinch mit der Katholischen Kirche.
Patrick Kavanagh
21. Oktober 1904 – † 30. November 1967
(Foto 1963; wikipedia)
Patrick Kavanaghs „In Memory of My Mother“ lässt uns Leser teil haben an seinen Erinnerungen, die er nach ihrem Tod an seine Mutter hat. Er kann nicht recht akzeptieren, dass sie gestorben ist, und gibt sich Erinnerungsfetzen hin. Dieses Fließen der Gedankenströme bringt glückliche Erinnerungen hervor, die die Beziehung zur Mutter liebevoll „ausmalen“ und ihn am Ende getröstet erscheinen lassen.
Das Gedicht hat Kraft. Es ist Beispiel für eine gesunde Verarbeitung des Schmerzes beim Verlust der Eltern – eine Erfahrung, die wir alle mit dem Lyriker teilen (müssen).
In Memory of My Mother
Patrick Kavanagh
I do not think of you lying in the wet clay
Of a Monaghan graveyard; I see
You walking down a lane among the poplars
On your way to the station, or happily
Going to second Mass on a summer Sunday
You meet me and you say:
‘Don’t forget to see about the cattle – ‘
Among your earthiest words the angels stray.
And I think of you walking along a headland
Of green oats in June,
So full of repose, so rich with life –
And I see us meeting at the end of a town.
On a fair day by accident, after
The bargains are all made and we can walk
Together through the shops and stalls and markets
Free in the oriental streets of thought.
O you are not lying in the wet clay,
For it is a harvest evening now and we
Are piling up the ricks against the moonlight
And you smile up at us – eternally.
‚In Memory of My Mother‘ von Patrick Kavanagh ist ein Nachdruck aus „Collected Poems„, herausgegeben von
Antoinette Quinn (Allen Lane, 2004), mit freundlicher Genehmigung der Treuhänder des Nachlasses der verstorbenen
Katherine B. Kavanagh, über die Jonathan Williams Literary Agency.
‘In Memory of My Mother’ by Patrick Kavanagh is reprinted from Collected Poems, edited by
Antoinette Quinn (Allen Lane, 2004), by kind permission of the Trustees of the Estate of the late
Katherine B. Kavanagh, through the Jonathan Williams Literary Agency.
Weitere Teile in der Serie „Lyrik am Sonntag“:
William Butler Yeats – Himmelsgewänder
Thomas Moore – Oftmals, in der stillen Nacht
Lieber Werner,
wieder wunderschön in Bild und Text! :-) Der Text wird sofort zum Film in meinem Kopf.
Von Patrick Kavanagh kenne ich bisher noch gar nichts. Nun ist mein Interesse geweckt, mehr über und von ihm zu erfahren. :-)
Ich freu mich auf den nächsten Sonntag :-)
Liebe Grüße
Manuela
Ich denke, der „fair day“ ist nicht der „schöne“, sondern der „Markt“-Tag, „the day of the fair“ – deshalb danach die ganzen Verweise auf die Geschäfte, die getätigt wurden. Und die besondere Ruhe, nachdem alles außergewöhnliche Gewusel vorüber ist.
Nur so als Anregung. ;-)
Herzliche Grüße,
Gerhard Schindler
Sie haben natürlich vollkommen recht mit Ihrem Hinweis. Vielen Dank.
So eine Übersetzung/Übertragung ist nicht ohne…wie ich feststellen musste. Habe die Übersetzungsanregung in das Bild eingearbeitet.
Herzliche Grüße
Werner
Erinnerungen sind ,was den Verstorbenen am und im Leben hält, was tröstet .
Das erzähle ich immer meinen Angehörigen im Hospiz . Diese schöne Übersetzung des Gedichts würde ich gerne beim nächsten Gedenken vorlesen .
LG Martina
Lieber Werner,
herzlichen Dank für das tiefsinnige „In Memory of My Mother“. Bei aller Trauer um den Verlust und die Realisierung der Endgültigkeit des Todes bleiben dem Autor und uns Allen die Erinnerungen. Meine Mutter ist vor 6 Wochen gestorben und wie Patrick Kavanagh helfen auch mir die schönen Erinnerungen, denn „Die Erinnerung ist ein Fenster, durch das wir Dich sehen können, wann immer wir wollen.“
Liebe Grüsse Heike