“Wenn der Juckreiz der Literatur einmal über einen Mann kommt,
kann ihn nichts heilen als das Kratzen eines Stiftes.”

Samuel  Lover

 

The Angel`s Whisper ” / “Das Flüstern der Engel” von Samuel Lover

 

Samuel Lover wurde 1797 in Dublin geboren. Neben der Portaitmalerei zeigte Lover schon in jungen Jahren schriftstellerisches Talent. Seine volkstümlichen Lieder, in denen er oft das „einfache irische Leben“ besang, machten ihn zu einem der bekanntesten und beliebtesten Songschreiber Irlands. Damals populär wurde er mit einer Reihe von Liedern, die gerne von den sing- und tanzfreudigen Landsleuten aufgegriffen und tradiert wurden. Heute scheint er eher vergessen zu sein.

Zusammen mit dem berühmteren englischen Zeitgenossen Charles Dickens gründete er eine Literaturzeitschrift. Da man aber davon kaum leben konnte, baute er seine populären Liedvorträge in Abendunterhaltungen aus, die er auch 2 Jahre lang in Amerika präsentierte. Schließlich wuchs dort im frühen und mittleren 19. Jahrhundert die irisch-stämmige Bevölkerung rasant an.

Samuel Lover starb 1868 im Alter von 71 Jahren auf der Kanalinsel Jersey.  (nach https://en.wikipedia.org/wiki/Samuel_Lover)

Samuel Lover
24 2. 1797 – 6 6. 1868

(Foto Wikipedia)

 

Wie nähert man sich einem fast vergessenen „Allroundkünstler“?

Samuel Lover ist nicht mehr populär in Irland. Ich stieß auch nur durch Zufall auf eines seiner Gedichte
(“Yearning” / “Sehnsucht” https://irlandnews.com/lyrik-am-sonntag-samuel-lover-sehnsucht/).

Samuel Lover: Allroundgenie?


Auf jeden Fall ein damals sehr vielseitiger Künstler:

Ein Dichter, der seine eigenen Verse vertonen konnte, ein Maler, der seine eigenen Romane illustrierte, der als phantasiebegabter Literat kreativ genug war, um aus einem einzigen Thema, “Rory O’More”- eine viel gesungene Ballade, die auch heute noch bekannt ist –  einen damals erfolgreichen Roman und ein populäres Theaterstück zu entwickeln…

Heute aber ist er eher vergessen.
Die Kritik bemängelt, dass er – trotz  vielseitiger Bemühungen – doch nicht DIE EINE, die Zeit überdauernde künstlerische Größe  erreicht hat.

Seine Lieder wurden damals gepriesen, weil sie “viel von der Kraft der Leidenschaft” besaßen, aber heute sind die meisten vergessen. Und so wird konstatiert: Trotz seines Talents seien seine Beiträge zur Literatur nur die eines zweitklassigen Charles Lever (1806-1872) und eines drittklassigen Thomas Moore (1779-1852) (wikisource.org).

Und dennoch:
Heute ein eher unscheinbares kleines Gedicht (oder Lied?) von ihm:

The Angel`s Whisper ” / “Das Flüstern der Engel”

Die bisher von mir präsentierten Gedichte hatten alle eine literarische „Tiefe“, viele waren sehr schwermütig….

Lover begegnet uns hier dagegen mit einem kleinen volksliedhaftem „Lullaby“ – voll volksfrömmiger Einfachheit.
Er beschreibt eine typische dramatische Situation im alten Irland:
Der Mann, der vom Sturm bedroht auf dem Meer ist und daheim, die Mutter mit dem Säugling.

In Irland sagt man: Wenn das Baby im Schlaf lächele, sprächen die Engel mit ihm. Genau dies beobachtet die verzweifelte Mutter und schöpft daraus Hoffnung auf eine gesunde Rückkehr des Vaters.

Die Einfachheit der Szene und die Einfachheit der Sprache gestatteten es mir, die Übertragung des Gedichtes gereimt vorzunehmen.
(Ich muss aber gestehen, dass ich dabei “gezwungen” war, aus dem  geschlechtsneutralen “Baby” ein Mädchen zu machen… Man möge es mir als “künstlerische Freiheit” verzeihen!)

 

 

“The Angel`s Whisper”

Samuel Lover

A Baby was sleeping;
Its mother was weeping;
For her husband was far on the wild raging sea;
And the tempest was swelling
Round the fisherman’s dwelling;
And she cried, “Dermot, darling! O come back to me!”

Her beads while she numbered
The baby still slumbered,
And smiled in her face as she bended her knee:
“O, blessed be that warning,
My child, thy sleep adorning,—
For I know that the angels are whispering with thee.

“And while they are keeping
Bright watch o’er thy sleeping,
O, pray to them softly, my baby, with me,—
And say thou wouldst rather
They ‘d watch o’er thy father!
For I know that the angels are whispering with thee.”

The dawn of the morning
Saw Dermot returning,
And the wife wept with joy her babe’s father to see;
And closely caressing
Her child with a blessing,
Said, “I knew that the angels were whispering with thee.”

 


Foto: Regenbogen am Leuchturm auf Sheeps Head; 2017

 

 

Weitere Teile in der Serie “Lyrik am Sonntag”:

William Butler Yeats – Himmelsgewänder

Patrick Kavanagh – In Gedenken an meine Mutter

Padraic Pearse – Der Wanderer

Thomas Moore – Oftmals, in der stillen Nacht

Patrick Kavanagh – Gedenken an meinen Vater

Samual Lover – Sehnsucht