Da stehen sie. In Paaren. Mitten auf der Hauptstraße. Tagein, tagaus. Die Guards in ihren blau-gelben Signal-Uniformen. Nicht weit von unserem Haus entfernt. Eisern und nach festem Zeitplan. Pandemie-Wächter im Einsatz. Die Garda Síochána, Hüter des Friedens, wachen nun seit mehr als einem Jahr auf Irlands Straße über die Einhaltung der Lockdown-Regeln. In aller Regel sind die Polizist:innen am Checkpoint locker und freundlich. Ab und zu gelingt sogar ein kleines munteres Schwätzchen. Nicht so gestern morgen. Den Hauptwachmeister mitten auf der Hauptstraße trafen wir  auf dem Rückweg vom erlaubten Einkauf nicht bei bester Laune und durchaus wortkarg an. Er hatte genau drei Worte für uns übrig: “Nature of Travel”. Die Konversationsenergie reichte nicht einmal dazu, die Stimme am Ende der drei Worte zum Fragezeichen zu heben.

Nature of Travel. Ich fing sofort an zu grübeln. Art der Reise: Aufofahrt, Fünf-Kilometer-Zone, Einkaufsfahrt, Nicht-Vergnügungsfahrt. Oder wollte er mehr über die wahre Natur des Reisens erfahren? Philosophieren in der Mitte der Hauptstraße? Ich entschied mich für ein kurzes prägnantes “Back from Shopping”. Drei Worte für drei Worte. Der Arm des Polizisten wies uns stumm die Richtung nach Hause.

Wer hier in der Gegend nicht auf kurz angebundene Polizisten treffen will, wer keine Lust hat, über die Natur der Reise zu räsonieren, der nimmt traditionell den kleinen Umweg über die Nebenstraße um den Checkpoint herum. Das funktioniert gut, denn die Guards wollen nichts wissen von Flexibilität und haben keine Lust aufs Improvisieren. Dienst ist Dienst. Immer schön an derselben Stelle, in der Mitte der Hauptstraße, in Paaren. Nicht weit von unserem Haus entfernt.  Tagein, tagaus.

 

Wenn der Checkpoint dereinst verwaist sein wird . . .

 

Es ist den Polizist:innen in Irland zu wünschen, dass sie bald wieder interessanteren Tätigkeiten nachgehen, dass sie endlich wieder Heizöl-Räuber, Brandstifter und fahrende Trunkenbolde jagen können. Wenn der Checkpoint nicht weit von unserem Haus dereinst verwaist sein wird, dann werden wir wissen: Das Schlimmste ist ausgestanden. Das tote Virustier ist besiegt.

Wann das sein wird, werde ich in diesen Tagen besonders oft gefragt. Wann endlich können wir wieder in unser Traumland Irland reisen? Die Irland-Fans aus Deutschland, aus der Schweiz, aus Österreich werden ungeduldig. Ganz ehrlich: Keiner weiß es, noch nicht einmal das Virus selber oder gar die irische Regierung. Hinter vorgehaltener Hand wird in Politik-Kreisen erzählt, dass selbst der irische Inlands-Urlaub noch keineswegs gesichert ist. Lange hatte die Regierung die Menschen auf der Insel mit der Aussicht auf  einen Urlaub im eigenen Land zu motivieren versucht: Staycation wie im vergangenen Sommer. Doch selbst der könnte einem traurigen Sommer-Lockdown (Nummer 4 dann, oder 5?) zum Opfer fallen.

Dass Urlauber scharenweise in diesem Sommer aus dem Ausland nach Irland kommen können? Derzeit nicht auszudenken. Nun ja, ein paar hartnäckige Ferienhausbesitzer vielleicht und ein paar völlig Unerschrockene könnten es ins Land schaffen. Gerade aber streitet die Regierungskoalition erst einmal darüber, ob auch alle Einreisenden aus Deutschland, Frankreich und den USA demnächst die ersten zwölf Nächte auf eigene Rechnung (1.875€) im irischen Quarantäne-Hotel absitzen müssen.

Werden wir nach dem Endlos-Lockdown wenigstens auf Inlands-Sommertour nach Clare, Sligo oder Mayo gehen können, nach Dublin vielleicht, nach Donegal oder Waterford? Keiner weiß es. Ausgegeben wird mal wieder die Parole: Die nächsten Wochen werden entscheidend sein. Tanz auf der Rasierklinge. Absturzgefahr. Fata Morgana? Rollt die vierte Welle?

Wir bleiben dran und werden berichten.

Foto: Eliane Zimmermann