Endlich wieder arm: Auch Angela J. muss nach dem Crash zurück aufs Fischerboot. (Foto: Louis Vuitton)

Deutschen Fans galt Irland lange als das gelobte Land, auch wenn es um das Prinzip der Gleichheit ging. “Wir sind doch hier in Irland”, war der beliebte Spruch deutscher Langzeit- und Teilzeit-Residenten in den 80-er und 90-er Jahren, wenn sie sich auf der Grünen Insel lässig dem sozialen Anpassungsdruck entzogen: Hier war es egal, wenn man die alten Klamotten auftrug und sich dem jährlichen Modezirkus verweigerte. Hier spielte keine Rolle, wie alt und wie klein das Auto war, hier spielte man Golf aus Spaß und in Gummistiefeln – und keinesfalls aus Statusgründen. Der todernste Trieb des alten Affen Mensch um Rang und Status schien in Irland außer Kraft gesetzt. Hier fühlte man sich “irgendwie gleicher” als in der deutschen Ellbogen- und Statusgesellschaft.

“Wer die Hose voll hat, hat gut stinken”, sagt ein altes schwäbisches Bonmot. Es meint: Wer nicht viel hat, kann auch nicht groß angeben. Zum sinnfälligen Symbol dafür, dass die bescheidenen Zeiten im alten Irland gezählt waren, wurde um die Jahrtausendwende das Nummernschild am irischen Auto, als sich der smaragdgrüne Konsumrausch auf die 2000-er-Wagen fixierte: Plötzlich wollte jeder möglichst schnell ein möglichst großes neues “00”-er-Auto fahren – eine im neuen Jahr erstmals zugelassene Karosse mit dem entsprechenden Nummernschild, das finanzielle Potenz auf den ersten Blick schon von Weitem signalisierte. Nun war schnell “der Arsch” , wer einen alten 1994-er Opel Corsa fuhr. Das Status-Gerangel hatte auch die bescheidenen Irinnen und Iren erfasst. Endlich war Geld reichlich verfügbar, endlich zeigten sich auch Mary und Paddy, dass sie wer waren: Mit Köfferchen und Ührchen von Louis Karton, mit dem ganzen teuren Plunder der Schi-Schi-Luxuskonzerne, mit Villen, groß wie einst die Grundschulen, mit eigenem Helikopter oder  mit einer elitären Mitgliedschaft in einem Club.

Wer hat den Längsten, wer das Größte und wer darf in den Besten? Das große Statusspiel um Ansehen und Bedeutung auf dem irischen Affenfelsen trieb zehn Jahre lang bunte Blüten – doch nun in der tiefen und endlosen Rezession geht die Uhr auf der Insel wieder anders. Ein Zeichen der Zeit: Das große Club-Sterben. Die Golf-Clubs landauf landab darben, weil sich Mitglieder die steilen Beiträge nicht mehr leisten können – und in den Städten sterben die Angeber-Clubs der Nachtschwärmer. Nach dem finanziellen Scheitern des Hibernian Clubs in Dublins Stephen´s Green will sich nun der Odessa Club in Dame Street aus der elitären Exklusivität befreien und zurück in den Schoß des zahlungswilligen Plebs flüchten: Das Odessa hat seine “Private Members Only”-Schilder abgehängt und den Jahresmitgliedsbeitrag von 395 Euro in die Tonne getreten. Jetzt darf wieder ins Odessa wer will, um den Eigentümern mit  bescheideneren Gaben die Taschen zu füllen. Will wer, oder stehen die Zeichen der Zeit auch für das Odessa auf “Game Over”?