Pflanzen Irland

Der wilde Rhododendron ponticum blüht in Irland

 

Der wilde Rhododendron in Irland steht in voller Blüte. Einheimische und Besucher sind entzückt: “Ist das schön!” Doch die Augenweide trügt: Der Rhododendron ponticum bedroht Irlands letzte atlantische Eichenwälder in Killarney und Glengarriff. Seine Blüten sehen zauberhaft aus, doch die vitale Pflanze aus Südosteuropa, die pro Blütenstand bis zu 7000 Samen produziert, lässt neben sich nichts anderes gelten und verdrängt die heimische Flora und Fauna innerhalb weniger Jahrzehnte. Das ist der Krieg der Pflanzen. Eindringlinge gegen heimische Pflanzen. Ein übermächtiger Feind gegen die lokale Biosphäre, gegen Pflanzen und Tiere. Eingeschleppte invasive Pflanzen, Neophyten genannt, gelten mittlerweile als eine wichtige Ursache des neuen großen Artensterbens.

Der Rhododendron ponticum setzt sich mit allen Mitteln durch: Er wächst schnell, wirft dunklen Schatten, hat kaum natürliche Feinde, produziert für andere Pflanzen giftige Phenole in hoher Konzentration und bewirtet den hoch toxischen Pilz Fungus Phytophthora ramorum, der unter anderem für das Phänomen des plötzlichen Eichensterbens verantwortlich ist.

Eigentlich muss der Rhododendron ponticum –  er ist der einzige stark invasive Rhodo in Irland, die anderen Rhodo-Spezies wachsen völlig unauffällig – sofort entfernt werden, wo er sich anzusiedeln droht. Doch die schönen violetten Blüten verleiten viele Menschen dazu, die ästhetischen Eindringlinge zu tolerieren. So breitet sich die Pflanze ungehemmt aus. Der Ponticum liebt Eichenwälder, Moorgebiete und die Heide – und er macht sich in vielen Gärten breit. Er kommt, um zu bleiben.

 

 

Im berühmten Killarney National Park kämpfen Natur- und Artenschützer seit über drei Jahrzehnten gegen die Übermacht des Rhododendron ponticum – und der Mensch scheint den Kampf zu verlieren. Mitte Mai erschien in der Irish Times ein ungewöhnlich kritischer Beitrag, der der staatlichen Nationalpark-Verwaltung NPWS Arroganz, Eitelkeit und Komplettversagen vorwirft. Die Freiwilligen-Organisation Groundwork hätte den Nationalpark mit wissenschaftlichen Methoden im Jahr 2005 fast komplett vom Rhodo befreit. Die Nationalparkverwaltung freilich hätte sich mit den Freiwilligen überworfen und selber aufgrund unwissenschaftlicher Strategien die massenhafte Rückkehr der Neophyten ermöglicht.

Die Irish Times schreibt: Der Eichenwald von Killarney stirbt, die Nationalparkverwaltung ist ein Spielball der Politik und  deshalb ein stumpfes Schwert beim Artenschutz. Vor allem aber: Es gibt in der Regierung keinerlei politischen Willen, den Arten-, Landschafts- und Naturschutz in Irland endlich ernst zu nehmen.

Was für Killarney gilt, gilt genauso für das Naturschutzgebiet von Glengarriff, wo sich eine völlig untätige Unterabteilung der Nationalparkverwaltung darin erschöpft, Spazierwege zu betonieren. Ihrer eigentlichen Aufgabe des Artenschutzes kommen die Ranger auch hier nicht wirkungsvoll nach. Auch wenn der Aufschrei nun groß ist, und führende Köpfe des National Park und Wildlife Service sich öffentlich über ungerechte Angriffe beschweren: Ein Spaziergang in dieser Woche durch den alten Eichenwald im Glengarriff Nature Reserve öffnet jedem Besucher die Augen, weil der ansonsten unauffällige Rhodo jetzt in jedem Winkel grell-violett blüht: Der Wald ist komplett vom Rhodo durchdrungen, hier tickt eine mächtige lautlose Zeitbombe.

 

 

Wir haben hier auf Irlandnews schon öfter über den Kampf gegen den Rhododendron berichtet. Zum Beispiel wann und warum die Pflanze überhaupt in Irland eingeschleppt wurde:

 

Der in herrlichem Violett blühende Ponticum fühlt sich in Irland aufgrund optimaler klimatischer Bedingungen und wunderbar saurer Böden noch wohler als zuhause. Die Engländer führten das Heidekrautgewächs im Jahr 1763 als Zierpflanze aus Spanien in London ein, etablierten es im Botanischen Garten von Kew und verbreiteten es von dort kommerziell in ganz Großbritannien und in Irland.
Anders als die meisten Rhododendren, die sich artig an den ihnen zugewiesenen Platz im Garten halten, suchte der Ponticum rasch das Weite und bevölkert heute vor allem im milden Südwestirland ganze Landstriche – er druchdringt Eichenwälder, Mischwälder, besiedelt Heiden, Moore, ja selbst Dünen. Das Problem: Der gemeine Rhodo ponticum wächst schneller als die meisten Pflanzenkonkurrenten und er vermehrt sich schneller; er ist zudem extrem schattentolerant, lässt Mitbewerber um Licht aber leicht in seinem Schatten verkümmern. Am Ende bleibt oft nur der Ponticum übrig, heimische Pflanzen und Gehölze müssen seiner Übermacht weichen. Der grüne Eindringling erinnert ein wenig an die Chinesen in Tibet. Er bedroht die ökologische Vielfalt und setzt sich auf Kosten der heimischen Arten durch.
Den kompletten Beitrag gibt es hier
Zum Artikel in der Irish Times vom 18. Mai 2019 geht es hier.
Fotos: Markus Bäuchle / Wanderlust