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Dursey Cable Car

Dursey Cable Car: Die Zukunft der Seilbahn hängt am rostigen Faden

 

Update 15. Mai 2022:

Die Fähre lässt auf sich warten: Es ist nun Mitte Mai, und die Farmer von Dursey Island haben noch immer keine zuverlässige Fährverbindung zwischen dem Festland und der Insel. Ende März war der Versicherungsschutz für die Seilbahn über den Dursey Sound ausgelaufen, seitdem steht Irlands einziger Cable Car still. Die beiden Trägermasten der Bahn müssen repariert werden. Dies soll bis November dauern. In letzter Minute hatte die Lokalregierung in Cork auf Intervention der Regierung in Dublin eine Fähre als Ersatzverbindung für die Zeit der Reparaturarbeiten zugesagt. Diese soll allerdings nur dreimal die Woche verkehren, was die zwei Inselbewohner, die Farmer und die Ferienhausbesitzer auf Dursey Island erzürnt. Sie fühlen sich nicht ernst genommen und schlecht behandelt. Traditionell werfen Irlands Landbewohner den Regierenden in Dublin vor, das ländliche Irland krass zu benachteiligen. Was die Sache nun richtig schlimm macht: Der Einsatz der Fähre lässt seit eineinhalb Monaten auf sich warten. Die Insel an der Spitze der Beara Peninsula ist quasi abgehängt.

Projekt Monster-Seilbahn vor dem Aus? Unterdessen scheint das Zehnmillionen-Projekt am Dursey-Sound mit neuer Monster-Seilbahn (Transportkapazität: 650 Menschen pro Stunde) und einem riesigen Besucherzentrum samt Restaurant und Souvenir-Shop zu scheitern. Die von einem Korruptionsskandal geschüttelte oberste irische Planungsbehörde An Bord Pleanála hat überraschend die Anfechtung der ursprünglich erteilten Baugenehmigung ohne rechtlichen Widerstand akzeptiert. Die Projektgegner von Friends of the Irish Environment feierten damit einen unerwarteten Zwischen-Erfolg. Die irischen Medien haben berichtet, dass das touristische Großprojekt vom Tisch sei. An Bord Pleanála hat sich allerdings eine rechtliche Hintertür offen gelassen, die es erlauben würde, die Genehmigung ohne großen Aufwand erneut zu erteilen. Die Umweltschützer halten für möglich, dass es zu einer Neuauflage des Kampfes um Dursey Island kommen könnte. Demnächst schon wird ein Gericht über die nächsten Schritte entscheiden.

 

Der Original-Beitrag von 12. Februar 2022: 

Statt dem großen Rummel steht Dursey Island überraschend ein Sommer der Ruhe bevor: Der Dursey Cable Car, die einzige Seilbahn Irlands, die Dursey Island mit dem Festland verbindet, wird von April bis November den Betrieb einstellen. In einer nichtöffentlichen Sitzung des Cork County Councils fiel in dieser Woche die Entscheidung, die Seilbahn an der Spitze der Beara Peninsula für sieben Monate aus Sicherheitsgründen still zu legen. Technische Überprüfungen haben offensichtlich ergeben, dass die beiden Masten, die die Seilbahn über den Sund stützen, durch Wind und Wetter – zuletzt durch den Dezember-Sturm Barra – erheblich beschädigt wurden. Wer schon immer ein mulmiges Gefühl hatte, mit der schwebenden Kiste überzusetzen, der hat jetzt wohl auch gute Gründe dafür.

Das Tragegerüst für die Seilbahn soll in den sieben Monaten Auszeit repariert werden. Warum die Bahn im Februar und März noch sicher sein soll, ab April aber nicht mehr, blieb bislang genauso unbeantwortet wie die Frage, ob die beiden Masten noch eimal repariert, genauer verstärkt werden können, was etwa zwei Jahre Zeitgewinn brächte, oder ob die Stahlmasten komplett erneuert werden müssen. Noch nicht erkennbar ist auch, welchen Einfluss die bevorstehende Stillegung auf die großen Pläne hat, für zehn Millionen Euro eine neue Seilbahn inklusive einem Tourismus-Zentrum am Dursey Sound zu bauen, die 650 Fahrgäste pro Stunde auf die bislang idyllisch ruhige Insel transportieren könnte.

Die 22 Parteien, die entweder ein Haus, ein Ferienhaus oder eine Landwirtschaft auf der Insel unterhalten, rufen nun “Desaster” und fordern den schnellen Einsatz einer Schiffsverbindung. Am meisten betroffen von der Schließung sind die weniger als eine Handvoll Bewohner Durseys (laut Census 2016: 4)  und die Farmer, die Rinder oder Schafe auf der Insel weiden lassen. Auch die Frittenbude Dursey Deli auf dem Festland und der Busfahrer, der seit kurzem fußfaule Sommer-Besucher ans andere Ende der 6,5 Kilometer langen Insel chauffiert, werden wohl einen starken Geschäftseinbruch erleiden – es sei denn, der touristische Rummel wird aufs Schiff verlagert. Dagegen sprechen allerdings die gefährlichen Strömungen und oft hohen Wellen im Sund zwischen Festland und Insel, die ein Anlanden auf der Insel oft unmöglich machen. Gerade diese Gefahren führten in den 60er Jahren zur Entscheidung, eine sichere Seilbahn über das wilde Wasser zu bauen.  Sie wurde 1969 in Betrieb genommen und diente in der vortouristischen Zeit nur den Dursianern und dem Vieh. Heute lebt kaum noch jemand auf der Insel, dafür ist sie in den Fokus der Tourismusindustrie gerückt.

 

Dursey Island

Dursey Island

 

Ende November 2021 hatte Irlands oberste Planungsbehörde An Bord Pleanála das umstrittene Projekt zur touristischen Massenvermarktung von Dursey Island genehmigt – und damit ihrem eigenen Inspektor glatt widersprochen. Demnach soll nun am Dursey Sound an der Spitze der Beara Peninsula in Westwest Cork ein touristischer Rummelplatz entstehen, der jedes Jahr zigtausende Mietwagen- und Campervan-Piloten auf die südwestliche Landzunge lockt. (Die ganze Story gibt es hier).

Der Projektbetreiber, das Cork County Council, plant mit Unterstützung von Fáilte Ireland, die bislang jährlich 20.000 Besucher Durseys auf 100.000 pro Jahr zu verfünffachen. Dafür müssen die Insel-Touristen die gesamte Beara Peninsula in ganzer Länge durchfahren – entweder via Glengarriff oder durch Kenmare. Auf dem Festland am Sound soll ein Besucherzentrum mit Restaurant, Sonnenterasse und Souvenir-Shop entstehen, ein großer Parkplatz soll 100 Autos und mehrere Touristen-Busse aufnehmen können. Das enge Sträßchen hinaus zum Dursey Sound soll verbreitert werden, ein elektronisches Verkehrsleitsystem soll den Zugang zur Beara Peninsula schon in Glengarriff koordinieren.

Fürs Erste hat die oberste Planungsbehörde mit ihrer Entscheidung vom November 2021 dem künftigen Rummel am Dursey Sound eine Obergrenze gesetzt. Nicht mehr als 5.000 Besucher sollen pro Monat die Insel besuchen dürfen, das wären erstmal 60.000 pro Jahr. Wofür braucht es dann aber eine neue Bahn, die 650 Besucher in der Stunde transportieren kann, also an einem oder zwei Tagen so viele, wie maximal pro Monat erlaubt sein sollen.

Die Zukunft der bestehenden Dursey-Seilbahn hängt also am rostigen Faden, während der Bau einer neuen Bahn so schnell nicht geschehen wird. Die Öko-Aktivisten von Friends of the Irish Environment haben gerade durchgesetzt, dass die Genehmigung der obersten Planungsbehörde An Bord Pleanála vor Gericht überprüft wird. Bei den Friends of the Irish Environment, die ihre Büroräume auf der Beara Peninsula haben, richtet man sich auf einen langen Kampf ein. Friends-Direktor Tony Lowes: “Das kann dauern.”

Fotos: Chris Baeuchle; Markus Bäuchle (oben)

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