Happy Start im Jahr 2023? Irlands erster tibetisch-buddhistischer Tempel an der Atlantik-Küste muss weiter auf seine Fertigstellung warten. Der Gemeinde von Dzogchen Beara auf der Beara Halbinsel fehlten nach dem Missbrauchs-Skandal um ihren spirituellen Ex-Chef Sogyal Rinpoche (+ 2019) lange die finanziellen Mittel zur Fertigstellung des Millionen-Baus. Der früher üppig fließende Spendenstrom hatte sich zum träge fließenden Niedrigwasser gewandelt. In den vergangenen Monaten kam nun neuer Schwung in den Bau des Leuchtfeuers der Weisheit (Werbe-Slogan) .


Das Versagen der tibetischen Führung: Sexueller, körperlicher und psychischer Missbrauch, Korruption, Veruntreuung und Doppelmoral: Gravierendes Fehlverhalten haben einstige Lichtfiguren des tibetischen Buddhismus wie Sogyal Rinpoche, den Gründer von Dzogchen Beara, oder die Lamas Sakyong Mipham Rinpoche und Robert Spatz, und mit ihnen den tibetischen Buddhimus zutiefst diskreditiert. Die neue arte-Dokumentation Missbrauch im Namen der Erleuchtung (September 2022) zeigt auf, wie die spirituelle und politische Führung der Exil-Tibeter, an der Spitze der Dalai Lama, seit spätestens 1993 über das Fehlverhalten bekannter Lamas im Westen genau Bescheid wussten und diese dennoch jahrzehntelang deckten, bis der öffentliche Druck schließlich zu groß wurde. Hier geht es zu der Dokumentation: KlicK


Der Rohbau, der lange Zeit aussah wie ein Plattenbau irgendwo in Ost-Berlin, erhält nun reich verzierte Dächer, den gestalterischen Feinschliff und damit ein würdiges Aussehen. Die Eröffnung des Millionen-Projekts ist nun für das kommende Jahr 2023 angekündigt – ursprünglich hätte der Tempel hoch über der Bantry Bay in Dzogchen Beara im Townland von Garranes im Jahr 2017 in Betrieb gehen sollen.

Die Träger-Organisation Rigpa musste die Eröffnung des Tempels, dessen Schrein-Raum einmal 300 Menschen Platz geben soll, mehrfach verschieben. Es wurde nicht 2017 und nicht 2018. Nicht 2019 und auch nicht 2021. Im Jahr 2019 mussten laut Spenden-Website weitere 1,4 Millionen Euro zur Fertigstellung eingesammelt werden. Auf dem offiziellen Baustellenschild wurde deshalb der Hinweis auf ein Eröffnungsdatum immer wieder heraus geschnitten oder aktualisiert. Die Pandemanie verzögerte das Großprojekt weiter.

Der Tempel wird das Retreat-Zentrum Dzogchen Beara zu einem anderen Ort machen, wenn Tempel-Personal, buddhistische Mönche und Nonnen in Roben, auf den Klippen von Garranes einziehen. Ob der Tempel 2023 seine Pforten wirklich öffnen wird und wer ihn leiten wird, weiß der Wind, der beständig vom Atlantik herüber weht.

 


Quo Vadis Dzogchen Beara? Die Geschichte des buddhistischen Retreats auf der Beara Pensinsula in West Cork ist eng verknüpft mit dem Namen ihres am eigenen Fehlverhalten gescheiterten ehemaligen spirituellen Führers Sogyal Rinpoche: KlicK


 

Es mutet einerseits fremd an, vergoldete fernöstliche Pagodendächer über den Klippen und den alten Schafwiesen von Beara in der Sonne leuchten zu sehen. Andererseits haben sich die Bauherren von den schweren Turbulenzen nie aus der Ruhe bringen lassen und am aufwendigen ästhetischen Konzept des Tempels fest gehalten. Das von Feng Shui-Spezialisten entwickelte Baukonzept wurde sorgfältig umgesetzt – und letztendlich entsteht ein Sakralbau, der sich gut in die Landschaft integriert und sie bereichert. Ob der in seiner Heimat vom Untergang bedrohte tibetische Buddhismus im kulturell-spirituellen Exil in Europa überleben kann, ist gerade angesichts des gravierenden Fehlverhaltens wichtiger tibetisch-buddhistischer Lamas im Westen eine andere Frage.

 

Der Autor Charles Eisenstein, dessen Essays ich derzeit mit Gewinn lese, schrieb vor kurzem*:

“Jeder, der einen Altar unterhält, tut dies durch die sorgfältige Gestaltung der Sakramente. Die prächtige Architektur westlicher Kathedralen und Moscheen zeugt von demselben Verständnis, und zwar ganz ausdrücklich: Der Zweck eines solchen extravaganten Aufwands war es, Gott zu verherrlichen. Derselbe Geist zeigt sich auch im Fernen Osten, zum Beispiel in den taoistischen und shintoistischen Tempeln Chinas und Japans. Im besten Fall waren sie eine Bereicherung für die Landschaft, nicht eine Zumutung für sie. Sie waren eine Ergänzung der Natur, nicht eine Entnahme aus der Natur.

Die Schönheit oder Hässlichkeit der religiösen Architektur einer Gesellschaft offenbart ihren Gesundheitszustand oder ihre Krankheit. Wie die religiöse Architektur, so auch der Rest der Gebäude, und so auch alles, was sie tut. Nicht nur die christlichen Kirchen, die nach 1950 gebaut wurden, sind im Allgemeinen so hässlich wie der Rest der modernen Landschaft, sondern auch die Tempel der dominierenden Religionen der Moderne (Wissenschaft, Medizin, Handel).”

 

Quelle für die Texte von Charles Eisenstein: KlicK
Fotos: Markus Bäuchle [ed200822]