Immer dienstags. Heute erklärt uns Ralf Sotscheck, dass nichts bleibt wie es war. Alles soll anders werden – auch vor der Kirche. Und der Herr schweigt dazu?
Alles soll anders werden im neuen Jahr. Irland will spätestens 2050 CO²-neutral sein. Deshalb werden in Dublin Fahrradwege gebaut. Bisher bestanden sie meist aus einem Streifen brauner Farbe auf der Busspur, was der Sicherheit nicht unbedingt förderlich war. Nun sollen richtige Radwege her.

Die Irland-Kolumne von Ralf Sotscheck. Der Berliner Journalist lebt seit 1985 in Irland und ist irischer Staatsbürger. Er pendelt zwischen Stadt und Land, irischer See und Atlantik, zwischen Dublin und einem Dorf im Burren. Ralf arbeitet als Irland-Korrespondent für die tageszeitung (taz) und schreibt Bücher, vorzugsweise über Irland und die Iren. Er hält Vorträge, Lesungen und ist ein brillanter Unterhalter. Seine Irland-Kolumne erscheint dienstags auf Irlandnews. Ralfs Website: www.sotscheck.net. Foto: Derek Speirs
Einer davon wird von Howth nach Sutton im Nordosten der irischen Hauptstadt führen. Man will den Radweg mit Pollern von der Straße abgrenzen. Das hat den Kirchenältesten der presbyterianischen Kirche von Howth, Michael Sparksman, auf die Palme gebracht. Dann könne die Gemeinde nicht mehr am Straßenrand parken, monierte er. Das Argument der Stadtverwaltung, die Leute könnten laufen, den Bus nehmen oder gar Rad fahren, lässt er nicht gelten: „Das ist in Anbetracht des Altersprofils nicht machbar. Das Recht zu beten ist nun vom Recht, Rad zu fahren, überholt worden.“
Der Gemeindesaal werde außerdem für Bibelstudien und Ballettunterricht genutzt. Die Stadtverwaltung meinte, die Eltern könnten in Howth parken und zur Kirche laufen. „Das ist unfassbar“, tobte Sparksman. „Das dauert eine Viertelstunde, und was sollen die Eltern tun, wenn es regnet?“
Die Stadtverwaltung wies darauf hin, dass das Parken auf der Straße schon immer verboten war. Sparksman räumte ein, dass es nicht ausdrücklich erlaubt sei, aber die Kirchgänger haben noch nie einen Strafzettel bekommen, wenn sie für die Dauer der Messe dort parkten: „Die Kirche ist 121 Jahre alt, und seit das Auto erfunden worden ist, haben wir hier geparkt.“
Er könnte freilich – wie die katholische Konkurrenz – die Sonntagsmessen einstellen. Der katholische Erzbischof von Dublin, Dermot Farrell, sagte, die Sonntagsmesse werde in manchen Kirchen wegen des Priestermangels bald eine Sache der Vergangenheit sein. Das Durchschnittsalter der Pfaffen liege bei 70 Jahren. Man müsse künftig verstärkt auf Laienprediger zurückgreifen: „Der Herr sagt uns wahrscheinlich, er wolle nicht, dass wir die Dinge weiterhin so machen wie in den vergangenen 100 oder 200 Jahren.“
Von der Ordination von Frauen hat der Herr offenbar nichts gesagt. Und von den ungetauften Kindern auch nicht. Einer der widerlichsten Aspekte des Katholizismus sind die Cillíní, die ungesegneten Friedhöfe, wo nicht getaufte Kinder begraben werden, weil sie mit der Ursünde geboren wurden, seitdem Adam in den Apfel gebissen hat. Nur einer Person ist laut Kirche jemals die unbefleckte Empfängnis gelungen, und zwar Anna, als sie mit Maria schwanger wurde.
Wer das Pech hat, tot geboren zu werden oder gleich nach der Geburt zu sterben, ohne getauft zu sein, darf nicht in den Himmel. Um die Antwort, in welche Richtung die Reise denn stattdessen geht, drücken sich Theologen seit jeher doll herum. Sankt Augustinus meinte im 4. Jahrhundert, die Ungetauften gehörten in die Hölle. Dahin sollte lieber der Klerus fahren. Am besten schön umweltfreundlich mit dem Rad.
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Titelbild: Wanderlust
Vielen Dank für den ernsthaft, ironischen Beitrag. Die Kirche: ein längst überholtest Relikt aus vergangenen Zeiten. Ein Verein der Sexualstraftaten ungesühnt lässt und trotzdem öffentlich Kirchensteuer einzieht – zumindest in Deutschland. Schwer zu verstehen.
Liebe Grüße
Ute Eggebrett
Mal wieder ein interessanter Artikel, lieber Ralf, da müssten die Iren ja endlich mal Fahrrad fahren lernen..;o)
Wieso beklagt sich die katholische Kirche eigentlich, dass ihre Schäfchen reihenweise austreten? So selbstherrlich, ignorant und sich saudumm stellend kann man doch gar nicht sein.
Tausendfacher, sexueller Missbrauch und Folter an (nicht nur) irischen Kindern und Jugendlichen durch Priester und Heimangestellte, Tausende verscharrter Babyleichen auf dem Gelände des ehemaligen, vom katholischen Orden der Bon-Secours-Schwestern geführten Heim für ledige Mütter in der irischen Ortschaft Tuam.
Das ist nur die Spitze des Eisbergs und alles im Namen des Herrn, pfui Teufel!
What’s next? Es reicht.
Jeder Mensch, der auch nur einen Funken Mitgefühl hat, empfindet es als eine Schande wie die katholische Kirche totgeborene und verstorbene, nicht getaufte Kinder entwürdigt. Als wären deren erschütterte Eltern nicht schon traumatisiert genug.
Das Grauen hat sogar einen Namen, Limbus infantinum, so wird im Katholizismus der Vorhof der Hölle für ungetaufte Kinder genannt. Erst 2007 hat der Vatikan auf Anregung von Papst Benedikt verfügt, den kinderfeindlichen Nimbus abzuschaffen ‚wegen der besonderen Liebe Jesu zu den Kleinen‘.
Ich finde auch, dass der Klerus statt der Sternenkinder zur Hölle fahren soll, am besten vorher nochmal ordentlich Holz auflegen aufs Höllenfeuer….
die Popen dürfen dann solange im Limbus pädophilum, dem Vorhof zur Hölle der Pädophilen, warten bis SIE an der Reihe sind.
Radfahrer hatten in Irland leider noch nie so richtig eine Chance. Das lag einerseits an der Natur, es war halt immer einfacher und billiger auf den engen Strassen auf gesonderten Platz für zwei Räder und Pedale zu verzichten, wenn man überhaupt darüber nachdachte… Und natürlich an der Herrschaft des Autos. Die Modernisierung des Landes ging, wie fast überall, über die eigene rollende Blechdose. Schliesslich kommt man damit immer und überall hin, vor allem bei schlechten Wetter. Das ist nicht nur in Dublin, sondern auch und gerade auf dem Land der Fall. Auf dem GAA-Platz mit dem Auto und laufendem Motor in Reih und Glied stehen und den Kleinen zuschauen gehört fast schon zur Tradition. Und in den Ort zum Einkaufen muss man auch mit dem Auto, hat man ja vorher mit dem Pferdekarren auch gemacht: „It’s a market town!“. Andere Konzepte? Undenkbar. Da hat das Land noch viel Entwicklungsbedarf!
Ich musste letzte Woche aber bewundernd feststellen, dass es doch ein paar harte Jungs und Mädels jenseits meines Alters gibt, die den Elementen des Wetters an der Westküste trotzen und sich fleißig auf den Drahtesel schwingen.
Ich war das nicht!
War da nicht mal etwas mit der Bewahrung der Schöpfung…..
Zwei hypothetische Fragen, Dieter: Falls Du auf die Existenz eines Schöpfers anspielst, muss bezweifelt werden, ob er (falls er überhaupt durch die Tür passt), jemals eine katholische Kirche betreten würde. Diese Kirche musste und sie müsste sich für zu Vieles entschuldigen . . .
Wieso ER?
https://www.br.de/nachrichten/kultur/gott-mit-gendersternchen-ist-gott-eher-frau-als-mann,ScTWep1
Schöpfer schweigt sich auch über sein/ihre Pronomen aus. Vielleicht ist ersiees sogar non-binary?