Immer dienstags. Heute wirft Ralf Sotscheck einen Blick auf die bevorstehende Sturm-Saison. Wenn die irischen Winterstürme so niedlich werden wie ihre Namen, soll es gut sein.
Am kommenden Freitag ist kalendarischer Herbstanfang, denn dann sind Tag und Nacht gleich lang. Die Meteorologen warnen bereits vor der dunklen Jahreszeit mit den zu erwartenden Stürmen, denen sie illustre Namen gegeben haben.

Die Irland-Kolumne von Ralf Sotscheck. Der Berliner Journalist lebt seit 1985 in Irland und ist irischer Staatsbürger. Er pendelt zwischen Stadt und Land, irischer See und Atlantik, zwischen Dublin und einem Dorf im Burren. Ralf arbeitet als Irland-Korrespondent für die tageszeitung (taz) und schreibt Bücher, vorzugsweise über Irland und die Iren. Er hält Vorträge, Lesungen und ist ein brillanter Unterhalter. Seine Irland-Kolumne erscheint dienstags auf Irlandnews. Ralfs Website: www.sotscheck.net. Foto: Derek Speirs
Bei der Freien Universität Berlin können Menschen Namenspatenschaften für Hochs und Tiefs erwerben: Ein Hoch kostet 390 Euro, ein Tief ist schon für 260 Euro zu haben. In der vorigen Sturmsaison hatten die Hochs männliche und die Tiefs weibliche Namen. Diesmal ist es umgekehrt.
In Irland, Großbritannien und den Niederlanden vergeben die meteorologischen Institute gemeinsam die Namen. Man hat sich auf 21 Stück geeinigt, darunter Ruadhán, den die Dubliner Meteorologen beigesteuert haben. Möglicherweise müssen die britischen und niederländischen Fernseh-Wetterfrösche die Aussprache aber gar nicht üben: Bevor Ruadhán dran wäre, müssten erst 17 andere Stürme gekommen und gegangen sein, denn man geht alphabetisch vor. Vorigen Herbst und Winter ist man gerade mal bis zum Buchstaben E vorgedrungen.
In diesem Herbst ist Antoni als Erster dran. Danach kommen Betty, Cillian und Daisy. Betty ist durch ein Votum auf Twitter gewählt worden. Die Chefin der irischen Meteorologie, Evelyn Cusack, ist mit den Namen unzufrieden. „Daisy und Betty, pah“, sagte sie. „Das sind doch fröhliche Namen, die niemandem Angst einjagen.“
Bei Daisy denkt man eher an eine Ente mit einer roten Schleife als an eine Furie, die Katastrophen anrichtet und Häuser zerstört. Wladimir wäre dafür besser geeignet, aber da man alphabetisch vorgeht, wäre die Welt längst untergegangen, bevor man zum W gelangt.
Cusack hat Nelly auf die Liste gesetzt, was auch nicht sonderlich furchterregend ist. Man denkt dabei an einen gemütlichen Abend im Pub – im Durty Nelly’s im Südwesten Irlands. Oder im Durty Nellie’s Irish Pub in Peking, wo die Guinness-Aschenbecher den chinesischen Aufdruck haben: „Schwarzes Bier, großer starker Mann“. Aber vielleicht dachte Cusack ja an den ungarischen Horrorfilm „Gingerclown 3-D“, in dem Nelly the Spiderwoman vorkommt und in Reimen spricht.
Früher hatten die Stürme lediglich Zahlen, nämlich ihre Längen- und Breitengrade, doch das war zu verwirrend. Anfang der 50er Jahre begann man in den USA, die Stürme nach dem phonetischen Alphabet zu benennen: Able, Baker, Charlie … Der erste Sturm hieß also jedes Jahr Able. Ab 1953 bekamen die Stürme weibliche Namen, erst 1978 nahm man auch männliche Vornamen.
Aber einen Sturm Ralf sucht man vergeblich, was schade ist. So hat man im Wetterbericht noch nie den Satz gehört: „Vom Atlantik zieht Ralf nach Irland, zieht euch warm an.“ Immerhin kommt Rafael im Jahr 2024, aber zuvor müssten 16 Wirbelstürme übers Land ziehen. Vielleicht sollte ich 260 Euro investieren und einem deutschen Tief meinen Namen geben.
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Foto: Irlands Sturmnamen für die Saison 2022 / 2023 zum Ausschneiden. Quelle: Met Éireann.
Einer unserer zwei Hunde heißt Daisy, sie ist auch ein Wirbelsturm, das passt also :)!